Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Die Wahl der optimalen Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms (PCa) wird von verschiedenen Faktoren bestimmt: Tumoreigenschaften, zu erwartende Rezidive, Lebenserwartung, Komorbiditäten, unerwünschte Nebenwirkungen sowie Wunsch des Patienten. Für ihn ist die Lebensqualität ein wichtiger Faktor [1]. Die Aussagen bisheriger Studien, die die Auswirkungen verschiedener Therapieoptionen bezüglich funktioneller Einschränkungen und der Lebensqualität verglichen haben, kranken an einigen Einschränkungen: Vor allem verglichen sie überwiegend ältere Behandlungsverfahren, nicht aber aktuell übliche Therapieformen wie roboterassistierte Prostatektomie, intensitätsmodulierte Strahlentherapie und die verschiedenen Fraktionierungsrhythmen der Strahlentherapie. Außerdem berücksichtigten sie diverse Kovariablen nicht [2, 3]. Deshalb wurde die Comparative Effectiveness Analysis of Surgery and Radiation Studie (CEASAR) durchgeführt, um über die Auswirkungen der aktuellen Behandlungsformen des PCa auf die Lebensqualität zu informieren in der Hoffnung, daraus neue Behandlungsempfehlungen entwickeln zu können [4].
Patienten und Methode
Die hier zu kommentierende multizentrische und bevölkerungsbezogene Kohortenstudie enthält die Daten von >2000 Männern, die zwischen 2011 und 2012 mit einem lokal begrenzten PCa aus fünf Surveillance-Epidemiology-and-End-Results-Program-Registern (SEER) und aus der US Prostate Cancer Registry ausgewählt wurden.
Die Studie unterteilte die Patienten nach ihrem Risikoprofil in zwei Kohorten: Teilnehmer mit günstigem Risikoprofil (n = 1386; Stadium cT1-2bN0M0, PSA ≤20 ng/ml und WHO-Grad 1–2) erhielten eine nervenerhaltende Prostatektomie (n = 675; 49 %), anschließend eine „active surveillance“ (n = 363, 26 %) oder eine alleinige perkutane Strahlentherapie (EBRT) ohne Androgendeprivation (ADT; n = 261; 19 %) oder eine Low-dose-rate(LDR)-Brachytherapie (n = 87; 6 %). Teilnehmer mit ungünstigem Risikoprofil (n = 619; Stadium cT2cN0M0 oder PSA 20–50 ng/ml oder WHO-Grad 3–5) erhielten eine intensivere Therapie, entweder eine Prostatektomie (ohne Nervenschonung, n = 402; 65 %) oder eine EBRT in Kombination mit ADT (n = 217; 35 %).
Die Umfragen zur Lebensqualität erfolgten jeweils zu Beginn der Studienteilnahme, dann nach sechs Monaten, einem Jahr, drei Jahren und fünf Jahren. Das Expanded Prostate Cancer Index Composite mit 26 Items (EPIC) wurde genutzt, um die krankheitsspezifischen Beschwerden zu dokumentieren. Das Short Form Survey mit 36 Items (SF-36) erfasste den allgemeinen Gesundheitszustand der Studienteilnehmer. Beide Bewertungssysteme sind von 0 bis 100 skaliert mit der besten Funktion bei beiden Scores von 100 [4].
Ergebnisse
Die Daten von insgesamt 2005 Männern erfüllten die Einschlusskriterien und nahmen an mindestens zwei Umfragen teil. Nach fünf Jahren waren es noch 77 % von ihnen. Im Überleben nach 5 Jahren ergaben sich nach den verschiedenen Behandlungsformen keine signifikanten Unterschiede. Die nur beobachteten oder nur mit EBRT behandelten Männer mit günstigem Risikoprofil waren älter und zeigten bei der Studienaufnahme mehr Komorbiditäten als diejenigen, die eine Prostatektomie erhalten hatten. Die Behandlungsergebnisse wurden an die Startvoraussetzungen sowie die Kovariablen adjustiert.
Funktionelle Unterschiede der verschiedenen Behandlungsformen zeigten sich insbesondere bei der Sexualfunktion sowie den Nebenwirkungen an den Harnwegen. Diese waren nach Prostatektomie im Vergleich mit der „active surveillance“ schlechter (adjustierte mittlere Abweichung minus 15,2; p < 0,01 in Jahr 3), ebenso die nach LDR-Brachytherapie (minus 10,1, p < 0,01 in Jahr 1). Nach EBRT zeigte sich dagegen nach 5 Jahren keine Verschlechterung gegenüber der Active-surveillance-Gruppe. Ebenso fand man bei den Prostatektomierten im Vergleich mit den Bestrahlten ein klinisch relevant schlechteres Outcome bei der Sexualfunktion (minus 10,4 [95 %-KI −14,4 bis −6,4]; p < 0,01 in Jahr 3; [4]). Auch in der Kohorte mit ungünstigem Risikoprofil zeigten sich für die Sexualfunktionen nach fünf Jahren statistisch signifikant schlechtere Werte nach Prostatektomie. 50 % der Männer, die beim Einschluss in die Studie beim Geschlechtsverkehr noch eine ausreichende Erektion erlebten, erhielten diese Funktion oder erlangten sie wieder. Dabei gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen mit definitiver Therapie.
Die Studie ergab auch relevante Inkontinenzprobleme nach der Prostatektomie über fünf Jahre hinweg im Vergleich zu den anderen Behandlungsoptionen. Die EBRT zeigte diesbezüglich zu keinem Zeitpunkt klinisch relevante Unterschiede gegenüber der Beobachtungsgruppe. Auch die EBRT mit ADT zeigt zu allen Zeitpunkten der Studie geringere Inkontinenzprobleme als die Prostatektomiegruppe. Nach fünf Jahren gab es auch keine signifikanten Probleme zwischen den beiden Therapieformen hinsichtlich der Darm- und Hormonfunktion. Auch bezüglich der allgemeinen Lebensqualität bestanden keine signifikanten Unterschiede, weder in der Gruppe mit günstigen noch in der mit ungünstigen Risikoprofilen.
Schlussfolgerung der Autoren
Die externe Strahlentherapie (EBRT) weist gegenüber der Prostatektomie klinisch relevante Vorteile auf bei beiden Risikogruppen bezüglich Harninkontinenz und erhält zusätzlich die Sexualfunktion in der Gruppe mit ungünstigem Risikoprofil weitgehend. Die festgestellten Unterschiede in den Ergebnissen gegenüber den vorangegangenen ähnlich gestalteten Studien – z. B. in der ProtecT-Studie – führen die Autoren auf ihre stärkere Einbeziehung von diversen Kovariablen und die Nutzung der neuesten Bestrahlungs- und Operationstechniken zurück.
Translated title of the contribution | Differences in the quality of life over 5 years after treatment of localized prostate cancer with various treatment options |
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Original language | German |
Journal | Strahlentherapie und Onkologie |
Volume | 196 |
Issue number | 10 |
Pages (from-to) | 959-962 |
Number of pages | 4 |
ISSN | 0179-7158 |
DOIs |
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Publication status | Published - 01.10.2020 |