TY - JOUR
T1 - Trägerübergreifendes Projekt zur Früherkennung von Rehabilitationsbedarf bei Versicherten mit muskuloskelettalen Beschwerden durch Auswertung von Arbeitsunfähigkeitsdaten: Ergebnisse einer randomisierten, kontrollierten Evaluationsstudie
AU - Hüppe, Angelika
AU - Glaser-Möller, N.
AU - Raspe, H.
PY - 2006/6
Y1 - 2006/6
N2 - Ziele: Im Zeitraum 2000 bis 2005 erprobte die LVA Schleswig-Holstein (S-H) mit 4 gesetzlichen Krankenkassen und deren Medizinischem Dienst ein neues Verfahren zur Früherkennung von Rehabedarf durch Analyse der Dauer und Anzahl von AU-Tagen nach definierten Kriterien (PETRA-Verfahren: Projekt zur Erkennung, trägerübergreifend, von Rehabedarf durch Auswertung von Arbeitsunfähigkeitszeiten). Hauptziel war die Reduktion der Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch das Angebot einer Beratung mit Unterstützung bei der Rehaantragstellung. Der Nutzen des Verfahrens wurde im Rahmen einer kontrollierten, randomisierten Studie evaluiert. Methodik: Ein Jahr lang wurden alle identifizierten Versicherten mit muskuloskelettalen Beschwerden (M05 - 25, M40 - 54, M60 - 99 nach ICD-10) in randomisierter Weise einer Interventions- (IG) oder Kontrollgruppe (KG) zugewiesen. Der IG wurde das Angebot einer Beratung mit dem Ziel einer Rehaantragstellung gemacht, die KG erhielt die Routineversorgung. Bei Studieneintritt, nach 6 und 12 Monaten, wurde ein Fragebogen zum Gesundheitszustand vorgelegt. Krankenkassen und Rentenversicherung meldeten u. a. Fehltage, Krankenhaustage und Berentungen. Die Auswertung erfolgte nach verschiedenen Strategien (intention to treat, per protocol, as actual, matched pairs). Ergebnisse: 230 Versicherte nahmen an der Studie teil. In der IG (n = 134) erhielten 69 %, in der KG (n = 96) 20 % eine Rehamaßnahme. In IG wie KG reduzierten sich die Fehltage, in den durch ein halbes Jahr getrennten je sechsmonatigen Beobachtungszeiträumen, deutlich mit Effektstärken von 1,3 (IG) und 1,6 (KG). Es zeigten sich keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Berentungen, Krankenhausaufenthalten, Wiedereingliederungsmaßnahmen sowie bei der Entwicklung der Erwerbstätigkeit. Subjektive Gesundheitsparameter wie z. B. die Funktionskapazität entwickelten sich in beiden Gruppen in vergleichbarer Weise. Schlussfolgerung und Ausblick: Das PETRA-Verfahren erweist sich bei Versicherten mit muskuloskelettalen Beschwerden weder im Hinblick auf die Beeinflussung der Arbeitsunfähigkeit noch des subjektiven Gesundheitszustandes der medizinischen Routineversorgung überlegen. Eine mögliche Erklärung ist die mangelnde Nachhaltigkeit der Wirksamkeit der in der Beratung empfohlenen Intervention. Sektorübergreifende Versorgungskonzepte, die langfristig eine dem Alter entsprechende Teilnahme am Arbeits- und Gesellschaftsleben ermöglichen, sind zu entwickeln. Forschungsmethodisch bietet das gewählte Verfahren einen entwicklungsfähigen Zugang zur Durchführung von randomisierten, kontrollierten Studien in der Versorgungs- und Rehabilitationsforschung an.
AB - Ziele: Im Zeitraum 2000 bis 2005 erprobte die LVA Schleswig-Holstein (S-H) mit 4 gesetzlichen Krankenkassen und deren Medizinischem Dienst ein neues Verfahren zur Früherkennung von Rehabedarf durch Analyse der Dauer und Anzahl von AU-Tagen nach definierten Kriterien (PETRA-Verfahren: Projekt zur Erkennung, trägerübergreifend, von Rehabedarf durch Auswertung von Arbeitsunfähigkeitszeiten). Hauptziel war die Reduktion der Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch das Angebot einer Beratung mit Unterstützung bei der Rehaantragstellung. Der Nutzen des Verfahrens wurde im Rahmen einer kontrollierten, randomisierten Studie evaluiert. Methodik: Ein Jahr lang wurden alle identifizierten Versicherten mit muskuloskelettalen Beschwerden (M05 - 25, M40 - 54, M60 - 99 nach ICD-10) in randomisierter Weise einer Interventions- (IG) oder Kontrollgruppe (KG) zugewiesen. Der IG wurde das Angebot einer Beratung mit dem Ziel einer Rehaantragstellung gemacht, die KG erhielt die Routineversorgung. Bei Studieneintritt, nach 6 und 12 Monaten, wurde ein Fragebogen zum Gesundheitszustand vorgelegt. Krankenkassen und Rentenversicherung meldeten u. a. Fehltage, Krankenhaustage und Berentungen. Die Auswertung erfolgte nach verschiedenen Strategien (intention to treat, per protocol, as actual, matched pairs). Ergebnisse: 230 Versicherte nahmen an der Studie teil. In der IG (n = 134) erhielten 69 %, in der KG (n = 96) 20 % eine Rehamaßnahme. In IG wie KG reduzierten sich die Fehltage, in den durch ein halbes Jahr getrennten je sechsmonatigen Beobachtungszeiträumen, deutlich mit Effektstärken von 1,3 (IG) und 1,6 (KG). Es zeigten sich keine signifikanten Gruppenunterschiede bei Berentungen, Krankenhausaufenthalten, Wiedereingliederungsmaßnahmen sowie bei der Entwicklung der Erwerbstätigkeit. Subjektive Gesundheitsparameter wie z. B. die Funktionskapazität entwickelten sich in beiden Gruppen in vergleichbarer Weise. Schlussfolgerung und Ausblick: Das PETRA-Verfahren erweist sich bei Versicherten mit muskuloskelettalen Beschwerden weder im Hinblick auf die Beeinflussung der Arbeitsunfähigkeit noch des subjektiven Gesundheitszustandes der medizinischen Routineversorgung überlegen. Eine mögliche Erklärung ist die mangelnde Nachhaltigkeit der Wirksamkeit der in der Beratung empfohlenen Intervention. Sektorübergreifende Versorgungskonzepte, die langfristig eine dem Alter entsprechende Teilnahme am Arbeits- und Gesellschaftsleben ermöglichen, sind zu entwickeln. Forschungsmethodisch bietet das gewählte Verfahren einen entwicklungsfähigen Zugang zur Durchführung von randomisierten, kontrollierten Studien in der Versorgungs- und Rehabilitationsforschung an.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=33746515620&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1055/s-2006-926870
DO - 10.1055/s-2006-926870
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 16826467
AN - SCOPUS:33746515620
SN - 0941-3790
VL - 68
SP - 347
EP - 356
JO - Gesundheitswesen
JF - Gesundheitswesen
IS - 6
ER -