TY - JOUR
T1 - Die NIPT-Entscheidung des G-BA
T2 - Eine ethische Analyse
AU - Rehmann-Sutter, Christoph
AU - Schües, Christina
N1 - Funding Information:
Diese Arbeit wurde erm?glicht von der DFG (RE 2951/3?1 und SCHU 2846/2-1: Practices of Prenatal Genetic Testing: A?Comparative Empirical and Philosophical Study in Germany and Israel, PreGGI). Viele wichtige Hinweise zur Argumentation in diesem Artikel gab uns Hannes Foth; f?r Anregungen danken wir unseren weiteren Kolleginnen und Kollegen im Projekt Yael Hashiloni-Dolev, Tamar Nov Klaiman, Anika K?nig, Aviad Raz und Stefan Reinsch; f?r Recherchen im Vorfeld danken wir Zoewend Elodie Kabor? und Johannes Borgmann.
Publisher Copyright:
© 2020, The Author(s).
Copyright:
Copyright 2020 Elsevier B.V., All rights reserved.
PY - 2020
Y1 - 2020
N2 - Aus einer ethischen Perspektive analysieren wir die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im September 2019 für Deutschland vorgelegte Änderung der Mutterschaftsrichtlinien, welche die Finanzierung der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPT) durch die gesetzlichen Krankenversicherungen unter bestimmten Bedingungen vorsieht. Die Regelung enthält vier wesentliche Elemente: eine Zielbestimmung (Vermeidung invasiver Testmaßnahmen), ein Zugangskriterium (der Test muss für die Schwangere „geboten“ sein, um ihr eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation zu ermöglichen), Aussagen zum Entscheidungsprozess (nach ärztlicher Beratung im Einzelfall) und eine in ihren Begründungen enthaltene normative Kontextualisierung (Schwangerschaftsabbruch nach §218 a StGB).Es zeigen sich Spannungen, die um zwei Achsen oszillieren: (1) Das befürchtete Leiden aufgrund der Geburt eines Kindes mit Trisomie oder dem Nichtwissen darüber kann letztlich nur subjektiv, aus der Perspektive der Schwangeren beurteilt werden. (2) Die Bedeutung der Einzelfallentscheidung bleibt unklar, weil für die Beurteilung von Einzelfällen auch allgemeine Gesichtspunkte maßgeblich sein müssen. Gerade in seiner Paradoxie und Flexibilität könnte, wie wir argumentieren, das Modell des G‑BA aber eine gesellschaftspolitisch haltbare und ethisch letztlich vertretbare pragmatische Lösung darstellen.
AB - Aus einer ethischen Perspektive analysieren wir die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im September 2019 für Deutschland vorgelegte Änderung der Mutterschaftsrichtlinien, welche die Finanzierung der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPT) durch die gesetzlichen Krankenversicherungen unter bestimmten Bedingungen vorsieht. Die Regelung enthält vier wesentliche Elemente: eine Zielbestimmung (Vermeidung invasiver Testmaßnahmen), ein Zugangskriterium (der Test muss für die Schwangere „geboten“ sein, um ihr eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation zu ermöglichen), Aussagen zum Entscheidungsprozess (nach ärztlicher Beratung im Einzelfall) und eine in ihren Begründungen enthaltene normative Kontextualisierung (Schwangerschaftsabbruch nach §218 a StGB).Es zeigen sich Spannungen, die um zwei Achsen oszillieren: (1) Das befürchtete Leiden aufgrund der Geburt eines Kindes mit Trisomie oder dem Nichtwissen darüber kann letztlich nur subjektiv, aus der Perspektive der Schwangeren beurteilt werden. (2) Die Bedeutung der Einzelfallentscheidung bleibt unklar, weil für die Beurteilung von Einzelfällen auch allgemeine Gesichtspunkte maßgeblich sein müssen. Gerade in seiner Paradoxie und Flexibilität könnte, wie wir argumentieren, das Modell des G‑BA aber eine gesellschaftspolitisch haltbare und ethisch letztlich vertretbare pragmatische Lösung darstellen.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=85087913796&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1007/s00481-020-00592-0
DO - 10.1007/s00481-020-00592-0
M3 - Zeitschriftenaufsätze
AN - SCOPUS:85087913796
SN - 0935-7335
VL - 32
SP - 385
EP - 403
JO - Ethik in der Medizin
JF - Ethik in der Medizin
IS - 4
ER -