TY - JOUR
T1 - Relevanz und finanzierung von gesundheitsleistungen: Eine befragung von ärzten, studenten, patienten, pflegepersonal und senioren
AU - Röstermundt, A.
AU - Westphal, R.
AU - Raspe, H.
PY - 2001
Y1 - 2001
N2 - Hintergrund: Wie seit langem im Ausland werden jetzt auch in Deutschland Stimmen laut, die eine Einbeziehung der Bevölkerung in Entscheidungen über Prioritäten und Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen fordern. Dabei stellt sich unter anderem die Frage, wieweit medizinische Sachkenntnisse und Patientenerfahrungen Einfluss auf die Beurteilung (Wichtigkeit, Frage der Kostenübernahme) von Gesundheitsleistungen haben. Neben einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung erschien daher die Einbeziehung abgrenzbarer Gruppen wie Praxisärzte, Medizinstudenten, Pflegepersonen, Patienten und Seniorenheimbewohner sinnvoll.Design: Querschnittsbefragung von sechs Gruppen unterschiedlicher medizinischer Vorbildung, persönlicher Betroffenheit und Alters mittels eines vorgetesteten hochstandardisierten Fragebogens. Die Gruppe der Ärzte erhielt den Fragebogen auf postalischem Weg mit einem Primäranschreiben und einer Erinnerung. In den übrigen Gruppen wurde der Fragebogen direkt an die Befragten ausgegeben.Setting: 150 internistische und allgemeinmedizinische Arztpraxen in und um Lübeck; Studierende der vorklinischen und klinischen Semester der Medizinischen Universität zu Lübeck; eine Seniorenwohnanlage in Lübeck-Travemünde und eine kardiologische Rehabilitationsklinik in Bad SegebergProbanden: Befragt wurden 150 niedergelassene Primärärzte (Internisten, Allgemeinmediziner, praktische Ärzte). Weiterhin einbezogen wurden jeweils 100 Medizinstudenten des ersten vorklinischen und des fünften klinischen Semesters. Außerdem befragt wurden 100 Patienten einer kardiologischen Sprechstunde sowie 100 Pflegekräfte der gleichen Klinik. Die letzte Gruppe umfasste 110 Bewohner einer Seniorenwohnanlage. Der Zeitraum der Befragung lag zwischen Dezember 1997 und Februar 1998.Instrument und Zielvariablen: Es wurde derselbe Fragebogen wie für eine parallele Bevölkerungsbefragung verwendet. Dabei sollten zum einen ausgewählte Gesundheitsleistungen nach ihrer Wichtigkeit und Art der Kostenerstattung beurteilt werden. Zum anderen gab es allgemeiner gehaltene Fragen über Finanzierungsmöglichkeiten und Einsparpotenziale im Gesundheitswesen.Ergebnisse: Ein Rücklauf von 82 % ergab sich in der Gruppe der Seniorenheimbewohner. Bei Ärzten und Studenten konnte ein Rücklauf zwischen 60 % und etwa 70 % erzielt werden, während es bei Patienten und Pflegepersonal rund 50 % waren. Deutliche Übereinstimmungen zwischen den Gruppen gab es in der Beurteilung von Leistungen für schwere Erkrankungen von Kindern, die überwiegend die höchste Gewichtung erhielten. Am unterschiedlichsten war die Bewertung von Maßnahmen umstrittener Wirksamkeit wie beispielsweise homöopathische Medikamente oder Akupunktur. Tendenziell neigten die Patienten dazu, die Wichtigkeit der genannten Leistungen höher anzusetzen als die übrigen Gruppen, insbesondere Ärzte und klinische Studenten. Man konnte bei allen Gruppen eine Bereitschaft erkennen, für verhaltensgebundene Erkrankungen, deren Ursachen beispielsweise in gefährlichen Sportarten oder Rauchen liegen, finanzielle Konsequenzen für die Betroffenen vorzusehen.Schlussfolgerung: Sowohl bei Laien als auch bei Fachpersonen zeigte sich ein deutliches Interesse an der komplexen Thematik. Medizinische Vorbildung geht mit einer kritischeren Bewertung der Wichtigkeit zahlreicher Indikationen einher, Patienten machten weniger Unterschiede zwischen den verschiedenen Leistungen. Insgesamt wird deutlich, dass die direkt Betroffenen in die Diskussion mit einbezogen werden wollen und Entscheidungen über Prioritäten im Gesundheitswesen nicht allein Politikern und Krankenkassenvertretern überlassen möchten.
AB - Hintergrund: Wie seit langem im Ausland werden jetzt auch in Deutschland Stimmen laut, die eine Einbeziehung der Bevölkerung in Entscheidungen über Prioritäten und Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen fordern. Dabei stellt sich unter anderem die Frage, wieweit medizinische Sachkenntnisse und Patientenerfahrungen Einfluss auf die Beurteilung (Wichtigkeit, Frage der Kostenübernahme) von Gesundheitsleistungen haben. Neben einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung erschien daher die Einbeziehung abgrenzbarer Gruppen wie Praxisärzte, Medizinstudenten, Pflegepersonen, Patienten und Seniorenheimbewohner sinnvoll.Design: Querschnittsbefragung von sechs Gruppen unterschiedlicher medizinischer Vorbildung, persönlicher Betroffenheit und Alters mittels eines vorgetesteten hochstandardisierten Fragebogens. Die Gruppe der Ärzte erhielt den Fragebogen auf postalischem Weg mit einem Primäranschreiben und einer Erinnerung. In den übrigen Gruppen wurde der Fragebogen direkt an die Befragten ausgegeben.Setting: 150 internistische und allgemeinmedizinische Arztpraxen in und um Lübeck; Studierende der vorklinischen und klinischen Semester der Medizinischen Universität zu Lübeck; eine Seniorenwohnanlage in Lübeck-Travemünde und eine kardiologische Rehabilitationsklinik in Bad SegebergProbanden: Befragt wurden 150 niedergelassene Primärärzte (Internisten, Allgemeinmediziner, praktische Ärzte). Weiterhin einbezogen wurden jeweils 100 Medizinstudenten des ersten vorklinischen und des fünften klinischen Semesters. Außerdem befragt wurden 100 Patienten einer kardiologischen Sprechstunde sowie 100 Pflegekräfte der gleichen Klinik. Die letzte Gruppe umfasste 110 Bewohner einer Seniorenwohnanlage. Der Zeitraum der Befragung lag zwischen Dezember 1997 und Februar 1998.Instrument und Zielvariablen: Es wurde derselbe Fragebogen wie für eine parallele Bevölkerungsbefragung verwendet. Dabei sollten zum einen ausgewählte Gesundheitsleistungen nach ihrer Wichtigkeit und Art der Kostenerstattung beurteilt werden. Zum anderen gab es allgemeiner gehaltene Fragen über Finanzierungsmöglichkeiten und Einsparpotenziale im Gesundheitswesen.Ergebnisse: Ein Rücklauf von 82 % ergab sich in der Gruppe der Seniorenheimbewohner. Bei Ärzten und Studenten konnte ein Rücklauf zwischen 60 % und etwa 70 % erzielt werden, während es bei Patienten und Pflegepersonal rund 50 % waren. Deutliche Übereinstimmungen zwischen den Gruppen gab es in der Beurteilung von Leistungen für schwere Erkrankungen von Kindern, die überwiegend die höchste Gewichtung erhielten. Am unterschiedlichsten war die Bewertung von Maßnahmen umstrittener Wirksamkeit wie beispielsweise homöopathische Medikamente oder Akupunktur. Tendenziell neigten die Patienten dazu, die Wichtigkeit der genannten Leistungen höher anzusetzen als die übrigen Gruppen, insbesondere Ärzte und klinische Studenten. Man konnte bei allen Gruppen eine Bereitschaft erkennen, für verhaltensgebundene Erkrankungen, deren Ursachen beispielsweise in gefährlichen Sportarten oder Rauchen liegen, finanzielle Konsequenzen für die Betroffenen vorzusehen.Schlussfolgerung: Sowohl bei Laien als auch bei Fachpersonen zeigte sich ein deutliches Interesse an der komplexen Thematik. Medizinische Vorbildung geht mit einer kritischeren Bewertung der Wichtigkeit zahlreicher Indikationen einher, Patienten machten weniger Unterschiede zwischen den verschiedenen Leistungen. Insgesamt wird deutlich, dass die direkt Betroffenen in die Diskussion mit einbezogen werden wollen und Entscheidungen über Prioritäten im Gesundheitswesen nicht allein Politikern und Krankenkassenvertretern überlassen möchten.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=0034973206&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1055/s-2001-14212
DO - 10.1055/s-2001-14212
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 11441674
AN - SCOPUS:0034973206
SN - 0941-3790
VL - 63
SP - 311
EP - 318
JO - Gesundheitswesen
JF - Gesundheitswesen
IS - 5
ER -