Abstract
Einführung
Die Streptokokken der serologischen Gruppe B (GBS) nach Lancefield (synonym: Streptococcus agalactiae) sind nach wie vor eine der häufigsten Ursachen für schwere Infektionen des Neugeborenen. Dabei wurde in der Literatur zu GBS zwischen einer frühen Form (Early-Onset, innerhalb von 7 Tagen nach der Geburt) und einer späten Form (Late-Onset, 8 Tage bis 3 Monate nach Geburt) unterschieden [1] [2] [3]. Die heutige Definition der Early-Onset Sepsis verwendet allerdings zunehmend eine Grenze von 72 Stunden.
Vor der Einführung der GBS-Prophylaxe betrug das Verhältnis Early-Onset zu Late-Onset 80:20 [4]. Seit Einführung der Prophylaxe hat sich dieses Verhältnis durch Rückgang der frühen GBS-Infektionen auf 50:50 in den USA und 60:40 in Deutschland verschoben [2] [3] [5].
Vielfach erfolgt die Infektion des Kindes bereits intrauterin über kolonisiertes Fruchtwasser. Über 90% aller Neonaten mit einer frühen Form der GBS-Infektion werden innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt symptomatisch [6] [7]. Klinisch äußert sich die frühe GBS-Infektion als Sepsis und Pneumonie und seltener als Meningitis, Osteomyelitis oder Arthritis [6]. Der Verlauf kann dramatisch sein und rasch in einen septischen Schock mit hoher Mortalität und Morbidität münden [2] [6].
In einer umfangreichen Untersuchung aus den Jahren 2001 und 2002 (Geburtskohorte von 1450000 Neugeborenen) wurde in Deutschland nach Einführung der antibiotischen Prophylaxe eine Inzidenz der Neugeborenensepsis durch GBS (positive Blutkultur und/oder Liquor-kultur) von 0,47 Fällen pro 1000 Geburten geschätzt. Da nur etwa 10 bis 20% der mit GBS infizierten Neugeborenen („klinische“ GBS-Sepsis) eine positive Blutkultur („Blutkultur positive“ Sepsis) aufweisen, dürfte die tatsächliche GBS-Infektionsrate in Deutschland 5- bis 10-mal höher sein, entsprechend 2–5 Fällen pro 1000 Geburten [8]. Damit besteht Ähnlichkeit mit den in den USA ermittelten Inzidenzen. Die Häufigkeit der Early-Onset- Sepsis lag dort 1990, also vor Einführung der antibiotischen Prophylaxe, bei 1,8 Fällen pro 1000 Lebendgeborenen [4]. In den USA konnte die Inzidenz der frühen Form der Neugeborenensepsis durch GBS nach Einführung der prophylaktischen Maßnahmen inzwischen auf 0,26
kulturgesicherte Fälle pro 1000 Geburten im Jahre 2010 gesenkt werden [5] [9] [10].
Obwohl Frühgeborene (in Deutschland ca. 9% aller Geburten) ein wesentlich höheres Risiko haben, an einer GBS-Infektion zu erkranken, betrifft die Mehrzahl (80%) aller Fälle mit einer Early-Onset-Sepsis reife Neugeborene.
Die Letalität ist in den letzten Jahrzehnten gesunken, liegt jedoch weiterhin um 4% für reife Neugeborene und ist bei unreifen Frühgeborenen deutlich höher [3] [6] [8] [11] [12]. Neurologische Langzeitfolgen treten insbesondere bei Kindern nach GBS-Meningitis auf, die nach einer neueren Studie in 25% leichte bis mittelschwere und in 19% schwere Beeinträchtigungen im weiteren Verlauf aufweisen [13].
Eine GBS-Besiedlung wird bei 10–30% von in der Regel symptomlosen Schwangeren im Bereich der Vagina und/oder des Anus nachgewiesen [14]. Zahlen aus Deutschland geben eine GBS-Besiedlungsrate von durchschnittlich 16% an [15] und sind somit gut vergleichbar mit Besiedlungsraten aus anderen europäischen Ländern [16].
Während der Schwangerschaft kann es zu einem dauerhaften, einem intermittierenden oder einem vorübergehenden Nachweis von GBS kommen [17].
Als Risikofaktoren [18] der frühen Form der Neugeborenensepsis durch GBS gelten:
- Nachweis von GBS im Ano-Genitalbereich der Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt (Abstrich zur Vorhersage möglichst zwischen 35 +0 und 37 +0 Schwangerschaftswochen (SSW))
- GBS-Bakteriurie während der Schwangerschaft (als Zeichen einer hohen Keimdichte im Ano-Genitalbereich)
- Blasensprung≥18 Stunden vor Geburt
- Fieber der Mutter unter der Geburt≥38,0°C
- Frühgeburt <37+0 SSW
- Vorausgegangene Geburt eines an GBS erkrankten Kindes
Die im Folgenden dargestellten Empfehlungen verhindern ausschließlich die frühe Form der GBS-Infektion, da nur diese prophylaktischen Maßnahmen zugänglich ist.
Die Streptokokken der serologischen Gruppe B (GBS) nach Lancefield (synonym: Streptococcus agalactiae) sind nach wie vor eine der häufigsten Ursachen für schwere Infektionen des Neugeborenen. Dabei wurde in der Literatur zu GBS zwischen einer frühen Form (Early-Onset, innerhalb von 7 Tagen nach der Geburt) und einer späten Form (Late-Onset, 8 Tage bis 3 Monate nach Geburt) unterschieden [1] [2] [3]. Die heutige Definition der Early-Onset Sepsis verwendet allerdings zunehmend eine Grenze von 72 Stunden.
Vor der Einführung der GBS-Prophylaxe betrug das Verhältnis Early-Onset zu Late-Onset 80:20 [4]. Seit Einführung der Prophylaxe hat sich dieses Verhältnis durch Rückgang der frühen GBS-Infektionen auf 50:50 in den USA und 60:40 in Deutschland verschoben [2] [3] [5].
Vielfach erfolgt die Infektion des Kindes bereits intrauterin über kolonisiertes Fruchtwasser. Über 90% aller Neonaten mit einer frühen Form der GBS-Infektion werden innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt symptomatisch [6] [7]. Klinisch äußert sich die frühe GBS-Infektion als Sepsis und Pneumonie und seltener als Meningitis, Osteomyelitis oder Arthritis [6]. Der Verlauf kann dramatisch sein und rasch in einen septischen Schock mit hoher Mortalität und Morbidität münden [2] [6].
In einer umfangreichen Untersuchung aus den Jahren 2001 und 2002 (Geburtskohorte von 1450000 Neugeborenen) wurde in Deutschland nach Einführung der antibiotischen Prophylaxe eine Inzidenz der Neugeborenensepsis durch GBS (positive Blutkultur und/oder Liquor-kultur) von 0,47 Fällen pro 1000 Geburten geschätzt. Da nur etwa 10 bis 20% der mit GBS infizierten Neugeborenen („klinische“ GBS-Sepsis) eine positive Blutkultur („Blutkultur positive“ Sepsis) aufweisen, dürfte die tatsächliche GBS-Infektionsrate in Deutschland 5- bis 10-mal höher sein, entsprechend 2–5 Fällen pro 1000 Geburten [8]. Damit besteht Ähnlichkeit mit den in den USA ermittelten Inzidenzen. Die Häufigkeit der Early-Onset- Sepsis lag dort 1990, also vor Einführung der antibiotischen Prophylaxe, bei 1,8 Fällen pro 1000 Lebendgeborenen [4]. In den USA konnte die Inzidenz der frühen Form der Neugeborenensepsis durch GBS nach Einführung der prophylaktischen Maßnahmen inzwischen auf 0,26
kulturgesicherte Fälle pro 1000 Geburten im Jahre 2010 gesenkt werden [5] [9] [10].
Obwohl Frühgeborene (in Deutschland ca. 9% aller Geburten) ein wesentlich höheres Risiko haben, an einer GBS-Infektion zu erkranken, betrifft die Mehrzahl (80%) aller Fälle mit einer Early-Onset-Sepsis reife Neugeborene.
Die Letalität ist in den letzten Jahrzehnten gesunken, liegt jedoch weiterhin um 4% für reife Neugeborene und ist bei unreifen Frühgeborenen deutlich höher [3] [6] [8] [11] [12]. Neurologische Langzeitfolgen treten insbesondere bei Kindern nach GBS-Meningitis auf, die nach einer neueren Studie in 25% leichte bis mittelschwere und in 19% schwere Beeinträchtigungen im weiteren Verlauf aufweisen [13].
Eine GBS-Besiedlung wird bei 10–30% von in der Regel symptomlosen Schwangeren im Bereich der Vagina und/oder des Anus nachgewiesen [14]. Zahlen aus Deutschland geben eine GBS-Besiedlungsrate von durchschnittlich 16% an [15] und sind somit gut vergleichbar mit Besiedlungsraten aus anderen europäischen Ländern [16].
Während der Schwangerschaft kann es zu einem dauerhaften, einem intermittierenden oder einem vorübergehenden Nachweis von GBS kommen [17].
Als Risikofaktoren [18] der frühen Form der Neugeborenensepsis durch GBS gelten:
- Nachweis von GBS im Ano-Genitalbereich der Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt (Abstrich zur Vorhersage möglichst zwischen 35 +0 und 37 +0 Schwangerschaftswochen (SSW))
- GBS-Bakteriurie während der Schwangerschaft (als Zeichen einer hohen Keimdichte im Ano-Genitalbereich)
- Blasensprung≥18 Stunden vor Geburt
- Fieber der Mutter unter der Geburt≥38,0°C
- Frühgeburt <37+0 SSW
- Vorausgegangene Geburt eines an GBS erkrankten Kindes
Die im Folgenden dargestellten Empfehlungen verhindern ausschließlich die frühe Form der GBS-Infektion, da nur diese prophylaktischen Maßnahmen zugänglich ist.
Original language | German |
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Journal | Zeitschrift fur Geburtshilfe und Neonatologie |
Volume | 221 |
Issue number | 3 |
Pages (from-to) | 122-129 |
Number of pages | 8 |
ISSN | 0948-2393 |
DOIs | |
Publication status | Published - 01.06.2017 |