Priorisierung im gesundheitswesen - Eine diskussion nimmt fahrt auf

„Die an sich notwendige medizinische Versorgung kann heute nicht mehr allen Patienten zur Verfügung gestellt werden. Rationierung findet statt“. So ist es zu lesen im sogenannten Ulmer Papier, den Gesundheitspolitischen Leitsätzen der Ärzteschaft vom 111. Deutschen Ärztetag. Noch im Jahr 2000 war die Zeit für öffentliche Diskussion über Priorisierung und Rationierung im deutschen Gesundheitswesen nicht reif. Die Zentrale Ethikkommission der Deutschen Ärztekammer veröffentlichte im Deutschen Ärzteblatt ihre Stellungnahme zu Prioritäten in der medizinischen Versorgung im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) [ [1] ] – und wurde mit Nichtachtung bestraft. Drei Jahre später forderte der Sachverständigenrat in seinem Gutachten eine gesellschaftliche Debatte über die Verteilung von Ressourcen und deren Begründung im Gesundheitswesen ([ [2] ], Ziffer 242ff.). Im Jahr 2006 beschäftigte sich der Nationale Ethikrat auf seiner Jahrestagung mit dem Thema „Rationierung und Gerechtigkeit im Gesundheitswesen“, konnte allerdings aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl dieses Thema nicht weiterführen [ [3] ]. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Priorisierung im Gesundheitswesen hat sich mittlerweile deutlich intensiviert. Das BMBF fördert seit 2006 einen Forschungsverbund zum Thema „Ethische, ökonomische und rechtliche Aspekte der Allokation kostspieliger biomedizinischer Innovationen“. Im Jahr 2007 hat die DFG-Forschergruppe FOR655 „Priorisierung in der Medizin“ ihre Arbeit aufgenommen. Im gleichen Jahr hat auch die Zentrale Ethikkommission ihre zweite Stellungnahme zur Priorisierung medizinischer Leistungen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) veröffentlicht [ [4] ]. Wir wollen mit diesem Themenheft ebenfalls unter dem Begriff Priorisierung die Diskussion aufnehmen und voran bringen.