TY - JOUR
T1 - Praktikabilität und Nutzen eines aktiven Screenings auf Rehabedarf mit anschlie ender schriftlicher Beratung zur Rehaantragstellung bei AOK-Versicherten im Disease-Management-Programm Diabetes Typ 2 (PARTID-Studie)
AU - Mittag, O.
AU - Döbler, A.
AU - Pollmann, H.
AU - Farin-Glattacker, E.
AU - Raspe, H.
PY - 2014/10
Y1 - 2014/10
N2 - Hintergrund und Fragestellungen: Der Diabetes mellitus Typ 2 ist die weltweit häufigste Stoffwechselerkrankung. Untersuchungen zeigen, dass durch intensive, multimodale Interventionen das Auftreten von Folgeerkrankungen sowie die Mortalität verringert werden können. Medizinische Rehabilitation könnte eine solche, wenn auch zeitlich begrenzte, Möglichkeit darstellen. Ein aktives Screening nach möglichem Rehabedarf findet in Deutschland so gut wie nicht statt. In der vorliegenden Arbeit wird den Fragen nachgegangen, ob ein Screening auf Rehabedarf bei Diabetespatienten mit anschließender Beratung zur Stellung eines Rehaantrages zur Generierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten relevanten Zahl von Rehamaßnahmen führt, ob die (stationären) Rehamaßnahmen zu einer Verbesserung der mittelfristigen Prognose führen und welche Patientengruppen besonders profitieren.Methoden: 5 500 erwerbstätige Versicherte im Alter zwischen 18 und 54 Jahren, die im Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 der AOK Rheinland/Hamburg eingeschrieben und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland rentenversichert waren, wurden mittels eines umfangreichen Fragebogens auf möglichen Rehabedarf nach dem „Lübecker Algorithmus“ gescreent. Patienten mit Rehabedarf, bei denen keine Ausschlussgründe für eine (wohnortferne) Rehamaßnahme bestanden, wurden dann im Verhältnis 3:1 in die Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Patienten in der Interventionsgruppe erhielten ein Schreiben der AOK, in dem ihnen geraten wurde, einen Rehaantrag zu stellen. Ein stark vereinfachtes, kurzes Antragsformular war beigefügt. 12 Monate nach der Randomisierung wurde eine katamnestische Befragung durchgeführt. Hauptendpunkt war ein kardiovaskulärer Risikoscore speziell für Diabetiker. Die Auswertung erfolgte mittels Multi-Ebenen-Modellen für Veränderungen.Ergebnisse: 850 Patienten (Rücklaufquote=16%) schickten ausgefüllte Screeningbögen zurück. Nach Ausschluss von Fällen mit fehlendem Einverständnis und falscher Diagnose verblieben 829 Patienten. Bei 94% bestand Rehabedarf nach den vorgegebenen Kriterien (39% einfache und 55% komplexe Problemlagen). 266 Patienten hatten im Fragebogen angegeben, dass für sie eine Rehateilnahme aus persönlichen Gründen nicht möglich ist. Von den übrigen wurden 299 Patienten in die Interventions- und 102 in die Kontrollgruppe randomisiert. Fast 70% der Patienten in der Interventionsgruppe stellten im Nachbeobachtungszeitraum einen Rehaantrag und absolvierten überwiegend auch eine Rehamaßnahme. Die Rücklaufquote zum Katamnesezeitpunkt betrug 82%. Bei der Analyse nach dem Prinzip intention-to-treat (ITT) fand sich kein signifikanter Effekt hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos (p=0,68); bei der Analyse per-protocol zeigte sich dagegen ein signifikanter Effekt zugunsten der Interventionsgruppe (p=0,025). Männer und Patienten mit einfachen Problemlagen profitierten von der Intervention.Diskussion: Das proaktive Vorgehen führt zur Identifizierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten hoch relevanten Versichertengruppe und ist geeignet, eine große Zahl von medizinisch begründeten Rehaanträgen zu generieren. Die Ergebnisse der ITT-Analyse zur Wirksamkeit der stationären Rehabilitation bei Diabetes mellitus Typ 2 hinsichtlich des kardiovaskulären 5-Jahres-Risikos zeigen aber bei der hier eingeschlossenen Population (Versicherte mit mehrheitlich niedrigem Sozialstatus ohne primäre Antragsintention) keine statistisch signifikanten Effekte und erlauben nicht, der stationären Diabetes-Rehabilitation eine generelle Wirksamkeit zuzusprechen. Dies kann aber nicht auf die Rehabilitation insgesamt verallgemeinert werden, da diese überwiegend aufgrund eigener Antragsintention durchgeführt wird. Hier ist weitere Forschung notwendig.
AB - Hintergrund und Fragestellungen: Der Diabetes mellitus Typ 2 ist die weltweit häufigste Stoffwechselerkrankung. Untersuchungen zeigen, dass durch intensive, multimodale Interventionen das Auftreten von Folgeerkrankungen sowie die Mortalität verringert werden können. Medizinische Rehabilitation könnte eine solche, wenn auch zeitlich begrenzte, Möglichkeit darstellen. Ein aktives Screening nach möglichem Rehabedarf findet in Deutschland so gut wie nicht statt. In der vorliegenden Arbeit wird den Fragen nachgegangen, ob ein Screening auf Rehabedarf bei Diabetespatienten mit anschließender Beratung zur Stellung eines Rehaantrages zur Generierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten relevanten Zahl von Rehamaßnahmen führt, ob die (stationären) Rehamaßnahmen zu einer Verbesserung der mittelfristigen Prognose führen und welche Patientengruppen besonders profitieren.Methoden: 5 500 erwerbstätige Versicherte im Alter zwischen 18 und 54 Jahren, die im Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 der AOK Rheinland/Hamburg eingeschrieben und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland rentenversichert waren, wurden mittels eines umfangreichen Fragebogens auf möglichen Rehabedarf nach dem „Lübecker Algorithmus“ gescreent. Patienten mit Rehabedarf, bei denen keine Ausschlussgründe für eine (wohnortferne) Rehamaßnahme bestanden, wurden dann im Verhältnis 3:1 in die Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Patienten in der Interventionsgruppe erhielten ein Schreiben der AOK, in dem ihnen geraten wurde, einen Rehaantrag zu stellen. Ein stark vereinfachtes, kurzes Antragsformular war beigefügt. 12 Monate nach der Randomisierung wurde eine katamnestische Befragung durchgeführt. Hauptendpunkt war ein kardiovaskulärer Risikoscore speziell für Diabetiker. Die Auswertung erfolgte mittels Multi-Ebenen-Modellen für Veränderungen.Ergebnisse: 850 Patienten (Rücklaufquote=16%) schickten ausgefüllte Screeningbögen zurück. Nach Ausschluss von Fällen mit fehlendem Einverständnis und falscher Diagnose verblieben 829 Patienten. Bei 94% bestand Rehabedarf nach den vorgegebenen Kriterien (39% einfache und 55% komplexe Problemlagen). 266 Patienten hatten im Fragebogen angegeben, dass für sie eine Rehateilnahme aus persönlichen Gründen nicht möglich ist. Von den übrigen wurden 299 Patienten in die Interventions- und 102 in die Kontrollgruppe randomisiert. Fast 70% der Patienten in der Interventionsgruppe stellten im Nachbeobachtungszeitraum einen Rehaantrag und absolvierten überwiegend auch eine Rehamaßnahme. Die Rücklaufquote zum Katamnesezeitpunkt betrug 82%. Bei der Analyse nach dem Prinzip intention-to-treat (ITT) fand sich kein signifikanter Effekt hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos (p=0,68); bei der Analyse per-protocol zeigte sich dagegen ein signifikanter Effekt zugunsten der Interventionsgruppe (p=0,025). Männer und Patienten mit einfachen Problemlagen profitierten von der Intervention.Diskussion: Das proaktive Vorgehen führt zur Identifizierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten hoch relevanten Versichertengruppe und ist geeignet, eine große Zahl von medizinisch begründeten Rehaanträgen zu generieren. Die Ergebnisse der ITT-Analyse zur Wirksamkeit der stationären Rehabilitation bei Diabetes mellitus Typ 2 hinsichtlich des kardiovaskulären 5-Jahres-Risikos zeigen aber bei der hier eingeschlossenen Population (Versicherte mit mehrheitlich niedrigem Sozialstatus ohne primäre Antragsintention) keine statistisch signifikanten Effekte und erlauben nicht, der stationären Diabetes-Rehabilitation eine generelle Wirksamkeit zuzusprechen. Dies kann aber nicht auf die Rehabilitation insgesamt verallgemeinert werden, da diese überwiegend aufgrund eigener Antragsintention durchgeführt wird. Hier ist weitere Forschung notwendig.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=84912119797&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1055/s-0034-1370984
DO - 10.1055/s-0034-1370984
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 25317897
AN - SCOPUS:84912119797
SN - 0034-3536
VL - 53
SP - 313
EP - 320
JO - Rehabilitation (Germany)
JF - Rehabilitation (Germany)
IS - 5
ER -