Abstract
Hintergrund
Sarkome sind eine überaus heterogene Gruppe mit zahlreichen histologisch und biologisch unterschiedlichen Subtypen. Retroperitoneale Sarkome gehören mit einer Inzidenz von 0,5 bis 1 pro 100.000 zu den seltenen Erkrankungen [8]. Der Stellenwert der Operation ist unstrittig. Die Prognose hat sich in den letzten 15 Jahren verbessert [5]. Als wesentliche Faktoren für diese positive Entwicklung werden vermehrt Therapien an spezialisierten Zentren sowie Fortschritte in der Op.-Technik und im perioperativen Management angenommen [2, 4, 6]. Bezüglich adjuvanter Therapien war die Datenlage spärlich und kontrovers. Im Jahr 2016 fanden Nussbaum und Mitarbeiter in einer Analyse von fast 10.000 Patienten der National Cancer Database (NCDB) einen Überlebensvorteil von 10 %-Punkten für die zusätzliche prä- oder postoperative Radiotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation [7]. Diese Daten bedingten bisher die beste verfügbare Evidenz zum Stellenwert der (neo-)adjuvanten Strahlentherapie. In einem Editorial zu der Nussbaum-Arbeit wurde schon 2016 auf die laufende EORTC-62092-Studie hingewiesen [1]. Deren Daten wurden jetzt publiziert, zeigen jedoch nicht den erwarteten Vorteil durch die Strahlentherapie [3]. Die Studie wurde bereits im Märzheft in unserer Zeitschrift vorgestellt und mit einem Literaturkommentar kritisch gewürdigt (G.G. Grabenbauer, Strahlenther Onkol 196, März 2020). Jetzt möchten wir hier einige Details ergänzen, die für interdisziplinäre Diskussionen im Tumorboard wichtig sein könnten.
Patientenkollektiv und Methodik der EORTC-62092-Studie
Die multizentrische randomisierte Studie schloss Patienten ein mit histologisch gesichertem unifokalem retroperitonealem Sarkom ohne Fernmetastasen. Der Tumor durfte weder über das Zwerchfell noch die Incisura ischiadica major hinausgehen. Die Patienten mussten ≥ 18 Jahre alt sein, einem WHO Performance Score von ≤ 2 haben und sowohl für eine Strahlentherapie als auch für die Operation geeignet sein. Ausgeschlossene histologische Subtypen waren gastrointestinale Stromatumoren, Rhabdomyosarkome, primitive neuroektodermale Tumoren oder andere klein-, rund- und blauzellige Tumoren, Osteosarkome, Chondrosarkome, die aggressive Fibromatose sowie sarkomatoide oder metastatische Karzinome. Die Patienten wurden je nach Therapiearm entweder mit einer neoadjuvanten Strahlentherapie (50,4 Gy in 28 Fraktionen, fünfmal pro Woche) und anschließender Operation oder lediglich mit Operation behandelt. Primärer Endpunkt war das abdominal rezidivfreie Überleben. Sekundär wurden das Tumoransprechen auf die präoperative Strahlentherapie, das metastasenfreie Überleben, das abdominal rezidivfreie Intervall, das Gesamtüberleben und die therapiebedingten Nebenwirkungen analysiert.
Ergebnisse
Zwischen Januar 2012 und April 2017 wurden 266 Patienten (133 je Arm) an 31 Institutionen in Europa, Kanada und den USA rekrutiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 43,1 Monate. 128 des Op.-Arms und 119 des Radiotherapie-plus-Op.-Arms erhielten die geplante Therapie. Folgende histologische Typen waren häufig: Liposarkome (ca. 75 %), Leiomyosarkome (ca. 15 %) und andere. In keinem der Endpunkte zeigte sich für die Gesamtgruppe ein Vorteil durch die Strahlentherapie. Das 3‑Jahres-Gesamtüberleben betrug 84,6 % in der Op.-Gruppe und 84 % in der RT-plus-Op.-Gruppe. Als häufigste Nebenwirkung vom Grad 3–4 in der RT-plus-Op-Gruppe zeigte sich eine Lymphopenie, welche bei 77 % der behandelten Patienten dieser Gruppe auftrat und nur bei einem Patienten in der Op-Gruppe.
Schlussfolgerung der Autoren
Eine präoperative Bestrahlung sollte ab sofort nicht mehr generell empfohlen werden. Es ist jedoch nötig, weiterhin mehr Daten zu diesem Thema zu sammeln.
Sarkome sind eine überaus heterogene Gruppe mit zahlreichen histologisch und biologisch unterschiedlichen Subtypen. Retroperitoneale Sarkome gehören mit einer Inzidenz von 0,5 bis 1 pro 100.000 zu den seltenen Erkrankungen [8]. Der Stellenwert der Operation ist unstrittig. Die Prognose hat sich in den letzten 15 Jahren verbessert [5]. Als wesentliche Faktoren für diese positive Entwicklung werden vermehrt Therapien an spezialisierten Zentren sowie Fortschritte in der Op.-Technik und im perioperativen Management angenommen [2, 4, 6]. Bezüglich adjuvanter Therapien war die Datenlage spärlich und kontrovers. Im Jahr 2016 fanden Nussbaum und Mitarbeiter in einer Analyse von fast 10.000 Patienten der National Cancer Database (NCDB) einen Überlebensvorteil von 10 %-Punkten für die zusätzliche prä- oder postoperative Radiotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation [7]. Diese Daten bedingten bisher die beste verfügbare Evidenz zum Stellenwert der (neo-)adjuvanten Strahlentherapie. In einem Editorial zu der Nussbaum-Arbeit wurde schon 2016 auf die laufende EORTC-62092-Studie hingewiesen [1]. Deren Daten wurden jetzt publiziert, zeigen jedoch nicht den erwarteten Vorteil durch die Strahlentherapie [3]. Die Studie wurde bereits im Märzheft in unserer Zeitschrift vorgestellt und mit einem Literaturkommentar kritisch gewürdigt (G.G. Grabenbauer, Strahlenther Onkol 196, März 2020). Jetzt möchten wir hier einige Details ergänzen, die für interdisziplinäre Diskussionen im Tumorboard wichtig sein könnten.
Patientenkollektiv und Methodik der EORTC-62092-Studie
Die multizentrische randomisierte Studie schloss Patienten ein mit histologisch gesichertem unifokalem retroperitonealem Sarkom ohne Fernmetastasen. Der Tumor durfte weder über das Zwerchfell noch die Incisura ischiadica major hinausgehen. Die Patienten mussten ≥ 18 Jahre alt sein, einem WHO Performance Score von ≤ 2 haben und sowohl für eine Strahlentherapie als auch für die Operation geeignet sein. Ausgeschlossene histologische Subtypen waren gastrointestinale Stromatumoren, Rhabdomyosarkome, primitive neuroektodermale Tumoren oder andere klein-, rund- und blauzellige Tumoren, Osteosarkome, Chondrosarkome, die aggressive Fibromatose sowie sarkomatoide oder metastatische Karzinome. Die Patienten wurden je nach Therapiearm entweder mit einer neoadjuvanten Strahlentherapie (50,4 Gy in 28 Fraktionen, fünfmal pro Woche) und anschließender Operation oder lediglich mit Operation behandelt. Primärer Endpunkt war das abdominal rezidivfreie Überleben. Sekundär wurden das Tumoransprechen auf die präoperative Strahlentherapie, das metastasenfreie Überleben, das abdominal rezidivfreie Intervall, das Gesamtüberleben und die therapiebedingten Nebenwirkungen analysiert.
Ergebnisse
Zwischen Januar 2012 und April 2017 wurden 266 Patienten (133 je Arm) an 31 Institutionen in Europa, Kanada und den USA rekrutiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 43,1 Monate. 128 des Op.-Arms und 119 des Radiotherapie-plus-Op.-Arms erhielten die geplante Therapie. Folgende histologische Typen waren häufig: Liposarkome (ca. 75 %), Leiomyosarkome (ca. 15 %) und andere. In keinem der Endpunkte zeigte sich für die Gesamtgruppe ein Vorteil durch die Strahlentherapie. Das 3‑Jahres-Gesamtüberleben betrug 84,6 % in der Op.-Gruppe und 84 % in der RT-plus-Op.-Gruppe. Als häufigste Nebenwirkung vom Grad 3–4 in der RT-plus-Op-Gruppe zeigte sich eine Lymphopenie, welche bei 77 % der behandelten Patienten dieser Gruppe auftrat und nur bei einem Patienten in der Op-Gruppe.
Schlussfolgerung der Autoren
Eine präoperative Bestrahlung sollte ab sofort nicht mehr generell empfohlen werden. Es ist jedoch nötig, weiterhin mehr Daten zu diesem Thema zu sammeln.
Translated title of the contribution | Preoperative radiotherapy for primary retroperitoneal sarcomas: results from the EORTC-STRASS study |
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Original language | German |
Journal | Strahlentherapie und Onkologie |
ISSN | 0179-7158 |
DOIs |
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Publication status | Published - 2021 |