TY - JOUR
T1 - Patientenkollektiv Deutscher Schmerztherapeutischer Einrichtungen: Kerndaten von mehr als 10.000 Patienten
AU - Frettlöh, J.
AU - Maier, C.
AU - Gockel, H.
AU - Zenz, M.
AU - Hüppe, M.
N1 - Copyright:
Copyright 2010 Elsevier B.V., All rights reserved.
PY - 2009/12
Y1 - 2009/12
N2 - HintergrundDie DGSS initiierte 1998 mit dem Dokumentationssystem „QUAST“ die Grundlage für eine anonymisierte Datenbank. Diese wurde nun für eine klinisch relevante Abbildung der Klientel in deutschen schmerztherapeutischen Einrichtungen herangezogen. Neben soziodemografischen Merkmalen wurden zentrale Schmerzparameter sowie Ausprägungsgrade in den psychometrischen Verfahren des Deutschen Schmerzfragebogens sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für einzelne Schmerzdiagnosen analysiert.MethodikEs lagen 28.865 Datensätze aus 19 Praxen und Kliniken der Jahre 1998–2004 zur Analyse vor; 10.054 Datensätze erfüllten die Einschlusskriterien für die statistische Analyse, die übrigen mussten u. a. aufgrund fehlender Diagnose, fehlendem Erstfragebogen und fehlendem Erstkontakt ausgeschlossen werden.ErgebnisseIn der Analysestichprobe war die Hauptdiagnose Rückenschmerz (37%) am häufigsten vertreten, gefolgt von neuropathischem Schmerz (21,4%), Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerz (19,5%) und Kopfschmerz (10,6%). Zu Behandlungsbeginn lag die Erkrankungsdauer im Mittel bei 7 Jahren, aber fast ein Fünftel der Patienten stellte sich bereits vor Ablauf des ersten Erkrankungsjahres bei speziellen Schmerztherapeuten vor. Mehrheitlich wurden die Patienten dem Chronifizierungsstadium II (43,8%) und dem Chronifizierungsstadium III (39,0%) des Mainzer Stadienmodells zugeordnet. Die psychometrischen Verfahren (Allgemeine Depressionsskala, Pain Disability Index, Schmerzempfindungs-Skala, Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität) wiesen eine hohe psychische Belastung des Patientenkollektivs auf, sodass die bisherigen Referenzwerte nach oben korrigiert werden müssen. Deutliche Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen zeigten sich nicht nur für die psychischen Befindensmaße, sondern auch für die direkten Schmerzparameter.SchlussfolgerungDie mit QUAST dokumentierten Datensätze aus 19 schmerztherapeutischen Einrichtungen weichen von denen populationsspezifischer Erhebungen ab. Dennoch unterstreichen die vorgestellten Befunde den Nutzen eines solchen Datenbanksystems, weil es einen praxisnahen Einblick in die Klientel von deutschen Schmerzeinrichtungen liefert: Die Öffentlichkeitsarbeit der verschiedenen Fachgruppen scheint Früchte getragen zu haben. Anders als üblicherweise angenommen, findet sich ein Teil der Patienten mit chronischem Schmerz durchaus frühzeitig in spezialisierten Einrichtungen ein. Die bislang gängige Anwendung von generischen syndromübergreifenden Diagnostik- und Behandlungstools muss aufgrund der gefundenen Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen prinzipiell infrage gestellt werden. Darüber hinaus liefert die vorliegende Analyse aktualisierte Referenzwerte für die gängigen psychometrischen Verfahren. Die sich dabei abzeichnende hohe psychische Belastung von Schmerzpatienten bestätigt erneut die Unverzichtbarkeit von psychotherapeutischen Behandlungsangeboten bei der Versorgung von chronischen Schmerzpatienten.
AB - HintergrundDie DGSS initiierte 1998 mit dem Dokumentationssystem „QUAST“ die Grundlage für eine anonymisierte Datenbank. Diese wurde nun für eine klinisch relevante Abbildung der Klientel in deutschen schmerztherapeutischen Einrichtungen herangezogen. Neben soziodemografischen Merkmalen wurden zentrale Schmerzparameter sowie Ausprägungsgrade in den psychometrischen Verfahren des Deutschen Schmerzfragebogens sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für einzelne Schmerzdiagnosen analysiert.MethodikEs lagen 28.865 Datensätze aus 19 Praxen und Kliniken der Jahre 1998–2004 zur Analyse vor; 10.054 Datensätze erfüllten die Einschlusskriterien für die statistische Analyse, die übrigen mussten u. a. aufgrund fehlender Diagnose, fehlendem Erstfragebogen und fehlendem Erstkontakt ausgeschlossen werden.ErgebnisseIn der Analysestichprobe war die Hauptdiagnose Rückenschmerz (37%) am häufigsten vertreten, gefolgt von neuropathischem Schmerz (21,4%), Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerz (19,5%) und Kopfschmerz (10,6%). Zu Behandlungsbeginn lag die Erkrankungsdauer im Mittel bei 7 Jahren, aber fast ein Fünftel der Patienten stellte sich bereits vor Ablauf des ersten Erkrankungsjahres bei speziellen Schmerztherapeuten vor. Mehrheitlich wurden die Patienten dem Chronifizierungsstadium II (43,8%) und dem Chronifizierungsstadium III (39,0%) des Mainzer Stadienmodells zugeordnet. Die psychometrischen Verfahren (Allgemeine Depressionsskala, Pain Disability Index, Schmerzempfindungs-Skala, Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität) wiesen eine hohe psychische Belastung des Patientenkollektivs auf, sodass die bisherigen Referenzwerte nach oben korrigiert werden müssen. Deutliche Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen zeigten sich nicht nur für die psychischen Befindensmaße, sondern auch für die direkten Schmerzparameter.SchlussfolgerungDie mit QUAST dokumentierten Datensätze aus 19 schmerztherapeutischen Einrichtungen weichen von denen populationsspezifischer Erhebungen ab. Dennoch unterstreichen die vorgestellten Befunde den Nutzen eines solchen Datenbanksystems, weil es einen praxisnahen Einblick in die Klientel von deutschen Schmerzeinrichtungen liefert: Die Öffentlichkeitsarbeit der verschiedenen Fachgruppen scheint Früchte getragen zu haben. Anders als üblicherweise angenommen, findet sich ein Teil der Patienten mit chronischem Schmerz durchaus frühzeitig in spezialisierten Einrichtungen ein. Die bislang gängige Anwendung von generischen syndromübergreifenden Diagnostik- und Behandlungstools muss aufgrund der gefundenen Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen prinzipiell infrage gestellt werden. Darüber hinaus liefert die vorliegende Analyse aktualisierte Referenzwerte für die gängigen psychometrischen Verfahren. Die sich dabei abzeichnende hohe psychische Belastung von Schmerzpatienten bestätigt erneut die Unverzichtbarkeit von psychotherapeutischen Behandlungsangeboten bei der Versorgung von chronischen Schmerzpatienten.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=73449129672&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1007/s00482-009-0836-z
DO - 10.1007/s00482-009-0836-z
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 19802633
AN - SCOPUS:73449129672
SN - 0932-433X
VL - 23
SP - 576
EP - 591
JO - Schmerz
JF - Schmerz
IS - 6
ER -