TY - JOUR
T1 - Komorbidität in Leitlinien: Ist-Zustand, epidemiologische Modelle und Expertenmeinung im Vergleich
AU - Blozik, Eva
AU - Dubben, Hans Hermann
AU - Wagner, Hans Otto
AU - Scherer, Martin
PY - 2014
Y1 - 2014
N2 - EinleitungAuf Einzelerkrankungen fokussierende Leitlinien (LL) können zu unerwünschten Wirkungen bei multimorbiden Patienten führen. Diese Studie untersucht, inwieweit Komorbidität in einer Auswahl deutscher Leitlinien berücksichtigt wird und ob sich zwei epidemiologische Ansätze zur Beschreibung von Multimorbidität (Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster) eignen, um Multimorbidität in LL systematisch zu integrieren.MethodenBasierend auf einer aus 30 Komorbiditäten bestehenden Matrix wurden die aktuellen deutschen LL für Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bzw. Asthma, Koxarthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose auf ihre Nennungen von Komorbiditäten untersucht. Die Auswahl dieser so genannten Indexerkrankungen orientierte sich an einem von Cynthia Boyd und Mitarbeitern 2005 publizierten hypothetischen Fall einer multimorbiden Patientin. Die Nennung von Komorbiditäten in den Leitlinien wurde dann mit den epidemiologischen Ansätzen der Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster abgeglichen. Basierend auf der Komorbiditätsmatrix schätzten zudem 36 in der Versorgung multimorbider Patienten tätige Ärzte ein, ob sie sich eine explizite Empfehlung zur jeweiligen Komorbidität in der Leitlinie wünschen würden.ResultateDie Zahl der Nennungen von Komorbiditäten für die untersuchten 8 Indexerkrankungen war sehr unterschiedlich und reichte von 0 bis zu mehr als 10 Komorbiditäten. Der Anteil der in den LL genannten Komorbiditäten, für die von den Befragten eine LL-Empfehlung gewünscht wurde, variierte erheblich (0-62%), Übereinstimmungen konzentrierten sich auf kardiovaskulär-metabolische Komorbiditäten. Mit dem Krankheitskombinationsansatz konnten zwischen 0 und 3 als relevant eingestufte Erkrankungen identifiziert werden. Mit dem Modell der Multimorbiditätsmuster lässt sich prinzipiell bestimmen, welche Komorbidität der Indexerkrankung thematisch sehr ähnlich ist oder einem anderen interagierenden Themenbereich angehört.SchlussfolgerungenUm eine einheitlichere Berücksichtigung von Komorbiditäten in LL zu erreichen, ist methodische Hilfestellung notwendig. Die derzeit existierenden epidemiologischen Konzepte der Krankheitskombinationen bzw. der Multimorbiditätsmuster können allerdings nicht ohne erhebliche Limitationen in der bestehenden Form eingesetzt werden. Die Einschätzung von in die Behandlung multimorbider Personen involvierter Ärzte sollte systematisch in entsprechende Weiterentwicklungen einbezogen werden.
AB - EinleitungAuf Einzelerkrankungen fokussierende Leitlinien (LL) können zu unerwünschten Wirkungen bei multimorbiden Patienten führen. Diese Studie untersucht, inwieweit Komorbidität in einer Auswahl deutscher Leitlinien berücksichtigt wird und ob sich zwei epidemiologische Ansätze zur Beschreibung von Multimorbidität (Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster) eignen, um Multimorbidität in LL systematisch zu integrieren.MethodenBasierend auf einer aus 30 Komorbiditäten bestehenden Matrix wurden die aktuellen deutschen LL für Diabetes mellitus Typ 2, arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, chronisch obstruktive Lungenerkrankung bzw. Asthma, Koxarthrose, Kreuzschmerz und Osteoporose auf ihre Nennungen von Komorbiditäten untersucht. Die Auswahl dieser so genannten Indexerkrankungen orientierte sich an einem von Cynthia Boyd und Mitarbeitern 2005 publizierten hypothetischen Fall einer multimorbiden Patientin. Die Nennung von Komorbiditäten in den Leitlinien wurde dann mit den epidemiologischen Ansätzen der Krankheitskombinationen bzw. Multimorbidiätsmuster abgeglichen. Basierend auf der Komorbiditätsmatrix schätzten zudem 36 in der Versorgung multimorbider Patienten tätige Ärzte ein, ob sie sich eine explizite Empfehlung zur jeweiligen Komorbidität in der Leitlinie wünschen würden.ResultateDie Zahl der Nennungen von Komorbiditäten für die untersuchten 8 Indexerkrankungen war sehr unterschiedlich und reichte von 0 bis zu mehr als 10 Komorbiditäten. Der Anteil der in den LL genannten Komorbiditäten, für die von den Befragten eine LL-Empfehlung gewünscht wurde, variierte erheblich (0-62%), Übereinstimmungen konzentrierten sich auf kardiovaskulär-metabolische Komorbiditäten. Mit dem Krankheitskombinationsansatz konnten zwischen 0 und 3 als relevant eingestufte Erkrankungen identifiziert werden. Mit dem Modell der Multimorbiditätsmuster lässt sich prinzipiell bestimmen, welche Komorbidität der Indexerkrankung thematisch sehr ähnlich ist oder einem anderen interagierenden Themenbereich angehört.SchlussfolgerungenUm eine einheitlichere Berücksichtigung von Komorbiditäten in LL zu erreichen, ist methodische Hilfestellung notwendig. Die derzeit existierenden epidemiologischen Konzepte der Krankheitskombinationen bzw. der Multimorbiditätsmuster können allerdings nicht ohne erhebliche Limitationen in der bestehenden Form eingesetzt werden. Die Einschätzung von in die Behandlung multimorbider Personen involvierter Ärzte sollte systematisch in entsprechende Weiterentwicklungen einbezogen werden.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=84901839369&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1016/j.zefq.2014.02.001
DO - 10.1016/j.zefq.2014.02.001
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 24889711
AN - SCOPUS:84901839369
SN - 1865-9217
VL - 108
SP - 219
EP - 228
JO - Zeitschrift fur Evidenz, Fortbildung und Qualitat im Gesundheitswesen
JF - Zeitschrift fur Evidenz, Fortbildung und Qualitat im Gesundheitswesen
IS - 4
ER -