Abstract
Das Internet ist aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Vor allem im Bereich der interpersonellen Kommunikation – zum Teil über weite Entfernungen – hat das Internet tief greifende Veränderungen gebracht. So ist es nahe liegend, dass internetgestützte Therapieprogramme auch für den Bereich der Psychotherapie entwickelt und evaluiert werden. Die Anwendungsmöglichkeiten umfassen ein breites Feld und reichen von im Netz frei zugänglichen und anonym anzuwendenden Selbsttests, beispielsweise zur Alkohol- oder Depressionsgefährdung, über gruppentherapeutische Maßnahmen mittels Internet-Chat [1] bis zur Psychotherapie via E-Mail.
In den letzten 10 – 15 Jahren sind, vor allem in Schweden, den Niederlanden, der Schweiz, Deutschland, Großbritannien und Australien, internetbasierte Therapieangebote für verschiedene Störungsbilder entwickelt worden. Meist handelt es sich um Therapieansätze, die sich aus der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt haben. Es gibt mittlerweile differenzierte und gut evaluierte Programme, die prinzipiell in der Regelversorgung unter bestimmten Umständen einsetzbar sind. Ihre Wirksamkeit konnte in randomisierten Studien belegt werden, beispielsweise bei Angststörungen, bei Depressionen leichten bis mittleren Grades und bei Abhängigkeitsstörungen [2] [3]. Im Vergleich zur rasanten Entwicklung anderer Internetanwendungen, die unseren beruflichen sowie privaten Alltag prägen, kommt die Implementierung dieser innovativen Behandlungsansätze allerdings nur relativ langsam voran. Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen.
Zum einen sieht das zurzeit gültige Erstattungssystem keine Abrechnungsmöglichkeit außerhalb wissenschaftlicher Modellprojekte vor. Dies hat sich in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in den Niederlanden bereits geändert, wo ein ausschließlich online durchgeführtes Programm zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen („Interapy”) von den Krankenkassen bezahlt wird [4]. Zum anderen bestehen erhebliche Vorbehalte von Seiten der herkömmlich im „face to face”-Kontakt arbeitenden Psychotherapeuten, die dann besonders stark ausgeprägt sind, wenn die therapeutische Beziehung als therapeutisches Agens im Mittelpunkt der Behandlungsmethode steht. Auf der anderen Seite konnte eine Reihe von Studien zeigen, dass es auch in der internetbasierten Psychotherapie möglich ist, eine gute therapeutische Beziehung aufzubauen und dass die Qualität dieser Beziehung auch den Behandlungserfolg beeinflusst [5]. Außerdem ist eine ganze Reihe von Fragen noch offen, so z. B. die nach der richtigen Indikationsstellung und welche Patienten für die Internetbehandlung tatsächlich geeignet sind.
Trotz dieser Vorbehalte stellt Psychotherapie via Internet zumindest potenziell ein kosteneffektives Vorgehen dar, um einer größeren Anzahl von Patienten als bisher eine wirksame psychotherapeutische Behandlung zukommen zu lassen. Die relative Anonymität und Niederschwelligkeit dieses Settings kann sogar für einige Patientengruppen von Vorteil sein, die sich herkömmlichen Therapien z. B. aus Scham oder aus Gründen der Erreichbarkeit eines Therapeuten einer konventionellen Therapie verweigern würden. Die internetbasierte Psychotherapie kann deshalb durchaus neuen Patientengruppen den Zugang zur Psychotherapie erschließen. Außerdem stellt sie für ausgewählte Patienten eine mögliche Überbrückungsbehandlung angesichts der monatelangen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz dar. Dies muss jedoch in entsprechenden Evaluationsstudien abgesichert werden.
Internetbasierte Psychotherapie wird sicherlich niemals eine Alternative zum etablierten psychotherapeutischen Arbeiten darstellen. Sie ist keine Konkurrenz, sondern kann das traditionelle Psychotherapiesetting sinnvoll ergänzen und möglicherweise bislang schwer zu erreichenden Patientengruppen Zugang zur Psychotherapie verschaffen. Für weniger schwer gestörte Patienten bietet diese Behandlungsform eine mögliche Alternative zum traditionellen Psychotherapiesetting. Hier muss allerdings durch intensive Begleitforschung eine Reihe von offenen Fragen beantwortet werden, bis sich die internetbasierte Psychotherapie im Gesundheitssystem etablieren kann.
In den letzten 10 – 15 Jahren sind, vor allem in Schweden, den Niederlanden, der Schweiz, Deutschland, Großbritannien und Australien, internetbasierte Therapieangebote für verschiedene Störungsbilder entwickelt worden. Meist handelt es sich um Therapieansätze, die sich aus der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt haben. Es gibt mittlerweile differenzierte und gut evaluierte Programme, die prinzipiell in der Regelversorgung unter bestimmten Umständen einsetzbar sind. Ihre Wirksamkeit konnte in randomisierten Studien belegt werden, beispielsweise bei Angststörungen, bei Depressionen leichten bis mittleren Grades und bei Abhängigkeitsstörungen [2] [3]. Im Vergleich zur rasanten Entwicklung anderer Internetanwendungen, die unseren beruflichen sowie privaten Alltag prägen, kommt die Implementierung dieser innovativen Behandlungsansätze allerdings nur relativ langsam voran. Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen.
Zum einen sieht das zurzeit gültige Erstattungssystem keine Abrechnungsmöglichkeit außerhalb wissenschaftlicher Modellprojekte vor. Dies hat sich in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in den Niederlanden bereits geändert, wo ein ausschließlich online durchgeführtes Programm zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen („Interapy”) von den Krankenkassen bezahlt wird [4]. Zum anderen bestehen erhebliche Vorbehalte von Seiten der herkömmlich im „face to face”-Kontakt arbeitenden Psychotherapeuten, die dann besonders stark ausgeprägt sind, wenn die therapeutische Beziehung als therapeutisches Agens im Mittelpunkt der Behandlungsmethode steht. Auf der anderen Seite konnte eine Reihe von Studien zeigen, dass es auch in der internetbasierten Psychotherapie möglich ist, eine gute therapeutische Beziehung aufzubauen und dass die Qualität dieser Beziehung auch den Behandlungserfolg beeinflusst [5]. Außerdem ist eine ganze Reihe von Fragen noch offen, so z. B. die nach der richtigen Indikationsstellung und welche Patienten für die Internetbehandlung tatsächlich geeignet sind.
Trotz dieser Vorbehalte stellt Psychotherapie via Internet zumindest potenziell ein kosteneffektives Vorgehen dar, um einer größeren Anzahl von Patienten als bisher eine wirksame psychotherapeutische Behandlung zukommen zu lassen. Die relative Anonymität und Niederschwelligkeit dieses Settings kann sogar für einige Patientengruppen von Vorteil sein, die sich herkömmlichen Therapien z. B. aus Scham oder aus Gründen der Erreichbarkeit eines Therapeuten einer konventionellen Therapie verweigern würden. Die internetbasierte Psychotherapie kann deshalb durchaus neuen Patientengruppen den Zugang zur Psychotherapie erschließen. Außerdem stellt sie für ausgewählte Patienten eine mögliche Überbrückungsbehandlung angesichts der monatelangen Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz dar. Dies muss jedoch in entsprechenden Evaluationsstudien abgesichert werden.
Internetbasierte Psychotherapie wird sicherlich niemals eine Alternative zum etablierten psychotherapeutischen Arbeiten darstellen. Sie ist keine Konkurrenz, sondern kann das traditionelle Psychotherapiesetting sinnvoll ergänzen und möglicherweise bislang schwer zu erreichenden Patientengruppen Zugang zur Psychotherapie verschaffen. Für weniger schwer gestörte Patienten bietet diese Behandlungsform eine mögliche Alternative zum traditionellen Psychotherapiesetting. Hier muss allerdings durch intensive Begleitforschung eine Reihe von offenen Fragen beantwortet werden, bis sich die internetbasierte Psychotherapie im Gesundheitssystem etablieren kann.
Translated title of the contribution | Internet-based psychotherapy programmes do they endanger the therapeutic relationships in psychiatry and pyschotherapy? |
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Original language | German |
Journal | Fortschritte der Neurologie Psychiatrie |
Volume | 77 |
Issue number | 9 |
Pages (from-to) | 493 |
Number of pages | 1 |
ISSN | 0720-4299 |
DOIs | |
Publication status | Published - 2009 |
Research Areas and Centers
- Academic Focus: Center for Brain, Behavior and Metabolism (CBBM)