TY - JOUR
T1 - Beeinträchtigung des Kardialen Autonomen Nervensystems und Arrhythmie-Inzidenz bei Schwerer Hyperglykämie
AU - Süfke, Sven
AU - Djonlagić, Hasib
AU - Kibbel, Thomas
PY - 2010/12
Y1 - 2010/12
N2 - Hintergrund und Ziel: Eine Störung des kardialen autonomen Nervensystems geht bei Diabetikern mit einer erhöhten kardialen und arrhythmogenen Mortalität einher. Deshalb galt es zu untersuchen, wie die Herzfrequenzvariabilität (HRV) bei diabetischer Ketoazidose (DKA) bzw. beim hyperglykämischen hyperosmolaren Syndrom (HHS) akut verändert ist. Darüber hinaus wurde untersucht, wie sich Blutdruck, Herzfrequenz und Arrhythmie-Inzidenz in das HRV-Bild einfügen.Patienten und Methodik: In einer prospektiven Verlaufsbeobachtung über 4 Jahre untersuchten wir konsekutiv 12 intensivpflichtige Patienten mit DKA und 2 mit HHS (10 männlich, 4 weiblich, 19–62 Jahre, initiale Plasmaglucose 404–1192 mg/dl). Alle Patienten erhielten eine standardisierte Behandlung nach international gültigen Richtlinien. In Ergänzung zum hämodynamischen und klinisch-chemischen Monitoring wurde die HRV kontinuierlich über mindestens 48 h erhoben. Simultan erfassten wir die supraventrikulären bzw. ventrikulären arrhythmischen Episoden.Ergebnisse: Die HRV war über das gesamte Spektrum abhängig vom Blutglucosespiegel erniedrigt. Dabei zeigte sich die sympathovagale Balance (LF/HF-Ratio) anfänglich bei einem Glucosespiegel < 600 mg/dl sympathisch betont (relatives Überwiegen im LF-Band) und bei einem Glucosespiegel > 600 mg/dl vagal betont (relatives Überwiegen im HF-Band). In der Korrelationsanalyse mit der Blutglucose wurden rS-Koeffizienten von –0,934 bis –0,821 gefunden (p < 0,001). Überdies korrelierte der anfängliche mittlere Blutdruck mit der LF/HF-Ratio bei HRV-Minimum (rS = 0,711; p = 0,004). Die anfängliche Herzfrequenz in Relation zur anzunehmenden intrinsischen Frequenz korrelierte mit der minimal gefundenen Total Power (rS = –0,656; p = 0,011). Über 48 h gesehen traten in Abhängigkeit vom initialen Glucosespiegel mehr Arrhythmien auf (rS = 0,693; p = 0,006). Dabei wurde aber das Maximum der arrhythmischen Episoden in der Regel signifikant später festgestellt als das Minimum der HRV (p < 0,001). Zum Zeitpunkt des jeweiligen Arrhythmiemaximums bot sich in der sympathovagalen Balance (LF/HF) kein einheitliches Bild. Gleich war allen Fällen nur, dass die LF/HFRatio entweder > 4 oder < 1 gefunden wurde.Schlussfolgerung: Die klinischen Komplikationen bei hohen Glucosespiegeln müssen vor dem Hintergrund einer nahezu vollständigen Blockade von sympathischer und vagaler Aktivität gesehen werden. Auf der Basis einer extremen autonomen Einschränkung können sympathische und vagale Prädomianz rasch ineinander übergehen. Dieser länger anhaltende vulnerable Grundzustand kann das arrhythmogene Potenzial erklären. Ein wichtiger Fortschritt in der Patientenüberwachung könnte durch das Hinzuziehen einer kontinuierlichen HRV-Messung erreicht werden, weil hierdurch das aktuelle Gefährdungspotenzial rechtzeitig und zuverlässig erfasst werden kann.
AB - Hintergrund und Ziel: Eine Störung des kardialen autonomen Nervensystems geht bei Diabetikern mit einer erhöhten kardialen und arrhythmogenen Mortalität einher. Deshalb galt es zu untersuchen, wie die Herzfrequenzvariabilität (HRV) bei diabetischer Ketoazidose (DKA) bzw. beim hyperglykämischen hyperosmolaren Syndrom (HHS) akut verändert ist. Darüber hinaus wurde untersucht, wie sich Blutdruck, Herzfrequenz und Arrhythmie-Inzidenz in das HRV-Bild einfügen.Patienten und Methodik: In einer prospektiven Verlaufsbeobachtung über 4 Jahre untersuchten wir konsekutiv 12 intensivpflichtige Patienten mit DKA und 2 mit HHS (10 männlich, 4 weiblich, 19–62 Jahre, initiale Plasmaglucose 404–1192 mg/dl). Alle Patienten erhielten eine standardisierte Behandlung nach international gültigen Richtlinien. In Ergänzung zum hämodynamischen und klinisch-chemischen Monitoring wurde die HRV kontinuierlich über mindestens 48 h erhoben. Simultan erfassten wir die supraventrikulären bzw. ventrikulären arrhythmischen Episoden.Ergebnisse: Die HRV war über das gesamte Spektrum abhängig vom Blutglucosespiegel erniedrigt. Dabei zeigte sich die sympathovagale Balance (LF/HF-Ratio) anfänglich bei einem Glucosespiegel < 600 mg/dl sympathisch betont (relatives Überwiegen im LF-Band) und bei einem Glucosespiegel > 600 mg/dl vagal betont (relatives Überwiegen im HF-Band). In der Korrelationsanalyse mit der Blutglucose wurden rS-Koeffizienten von –0,934 bis –0,821 gefunden (p < 0,001). Überdies korrelierte der anfängliche mittlere Blutdruck mit der LF/HF-Ratio bei HRV-Minimum (rS = 0,711; p = 0,004). Die anfängliche Herzfrequenz in Relation zur anzunehmenden intrinsischen Frequenz korrelierte mit der minimal gefundenen Total Power (rS = –0,656; p = 0,011). Über 48 h gesehen traten in Abhängigkeit vom initialen Glucosespiegel mehr Arrhythmien auf (rS = 0,693; p = 0,006). Dabei wurde aber das Maximum der arrhythmischen Episoden in der Regel signifikant später festgestellt als das Minimum der HRV (p < 0,001). Zum Zeitpunkt des jeweiligen Arrhythmiemaximums bot sich in der sympathovagalen Balance (LF/HF) kein einheitliches Bild. Gleich war allen Fällen nur, dass die LF/HFRatio entweder > 4 oder < 1 gefunden wurde.Schlussfolgerung: Die klinischen Komplikationen bei hohen Glucosespiegeln müssen vor dem Hintergrund einer nahezu vollständigen Blockade von sympathischer und vagaler Aktivität gesehen werden. Auf der Basis einer extremen autonomen Einschränkung können sympathische und vagale Prädomianz rasch ineinander übergehen. Dieser länger anhaltende vulnerable Grundzustand kann das arrhythmogene Potenzial erklären. Ein wichtiger Fortschritt in der Patientenüberwachung könnte durch das Hinzuziehen einer kontinuierlichen HRV-Messung erreicht werden, weil hierdurch das aktuelle Gefährdungspotenzial rechtzeitig und zuverlässig erfasst werden kann.
U2 - 10.1007/s00063-010-1150-3
DO - 10.1007/s00063-010-1150-3
M3 - Zeitschriftenaufsätze
SN - 0723-5003
VL - 105
SP - 858
EP - 870
JO - Medizinische Klinik
JF - Medizinische Klinik
IS - 12
ER -