TY - JOUR
T1 - Ausgang strafrechtlicher ermittlungsverfahren gegen ärzte wegen verdachts eines behandlungsfehlers
AU - Madea, Burkhard
AU - Vennedey, C.
AU - Dettmeyer, R.
AU - Preuß, J.
N1 - Copyright:
Copyright 2009 Elsevier B.V., All rights reserved.
PY - 2006/9/22
Y1 - 2006/9/22
N2 - Hintergrund und Fragestellung: Zur Inzidenz medizinischer Behandlungsfehler in Deutschland liegen keine verlässlichen Daten vor. Ebenso lückenhaft ist die Datenlage zur Häufigkeit strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen Ärzte sowie zu deren Ausgang. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren werden von Ärzten jedoch als besonders belastend empfunden.Untersuchungsgut und Methodik: Als Beitrag zur Verfahrenswirklichkeit des Arztstrafrechtes wurden retrospektiv sämtliche am Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn zwischen 1989 und 2003 bearbeiteten strafrechtlichen Behandlungsfehlervorwürfe erfasst und durch Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte mit dem Verfahrensausgang verglichen.Ergebnisse: Insgesamt flossen 210 Ermittlungsverfahren in die Analyse ein. Juristische Tatvorwürfe waren in der Regel Delikte zum Nachteil der Gesundheit oder des Lebens des Patienten (fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB; fahrlässige Tötung § 222 StGB). Die Mehrzahl der Ermittlungsverfahren wurde ohne anwaltliche Vertretung der Verletzten/Hinterbliebenen eingeleitet. Auch die beschuldigten Ärzte waren meist anwaltlich nicht vertreten, vermutlich, weil sie nichts von der Existenz eines Ermittlungsverfahrens wussten. In 87 % kam es zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO bzw. zu einem Freispruch, 7,6 % wurden nach § 153a Abs. 1 StPO (Zahlung einer Geldbuße) erledigt oder es kam zu einer Verurteilung.Schlussfolgerung: Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte wegen eines Behandlungsfehlers werden überwiegend nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Gerade bei Todesfällen zeigt sich, dass Obduktionen beschuldigte Ärzte entlasten können. Daher sollte im eigenen Interesse bei unklaren Todesfällen die Todesart als nicht geklärt qualifiziert werden, um die Basis für eine objektive Todesursachenklärung durch eine gerichtliche Obduktion zu ebnen.
AB - Hintergrund und Fragestellung: Zur Inzidenz medizinischer Behandlungsfehler in Deutschland liegen keine verlässlichen Daten vor. Ebenso lückenhaft ist die Datenlage zur Häufigkeit strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen Ärzte sowie zu deren Ausgang. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren werden von Ärzten jedoch als besonders belastend empfunden.Untersuchungsgut und Methodik: Als Beitrag zur Verfahrenswirklichkeit des Arztstrafrechtes wurden retrospektiv sämtliche am Institut für Rechtsmedizin der Universität Bonn zwischen 1989 und 2003 bearbeiteten strafrechtlichen Behandlungsfehlervorwürfe erfasst und durch Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte mit dem Verfahrensausgang verglichen.Ergebnisse: Insgesamt flossen 210 Ermittlungsverfahren in die Analyse ein. Juristische Tatvorwürfe waren in der Regel Delikte zum Nachteil der Gesundheit oder des Lebens des Patienten (fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB; fahrlässige Tötung § 222 StGB). Die Mehrzahl der Ermittlungsverfahren wurde ohne anwaltliche Vertretung der Verletzten/Hinterbliebenen eingeleitet. Auch die beschuldigten Ärzte waren meist anwaltlich nicht vertreten, vermutlich, weil sie nichts von der Existenz eines Ermittlungsverfahrens wussten. In 87 % kam es zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO bzw. zu einem Freispruch, 7,6 % wurden nach § 153a Abs. 1 StPO (Zahlung einer Geldbuße) erledigt oder es kam zu einer Verurteilung.Schlussfolgerung: Strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte wegen eines Behandlungsfehlers werden überwiegend nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Gerade bei Todesfällen zeigt sich, dass Obduktionen beschuldigte Ärzte entlasten können. Daher sollte im eigenen Interesse bei unklaren Todesfällen die Todesart als nicht geklärt qualifiziert werden, um die Basis für eine objektive Todesursachenklärung durch eine gerichtliche Obduktion zu ebnen.
UR - http://www.scopus.com/inward/record.url?scp=33749615258&partnerID=8YFLogxK
U2 - 10.1055/s-2006-951332
DO - 10.1055/s-2006-951332
M3 - Zeitschriftenaufsätze
C2 - 16981077
AN - SCOPUS:33749615258
SN - 0012-0472
VL - 131
SP - 2073
EP - 2078
JO - Deutsche Medizinische Wochenschrift
JF - Deutsche Medizinische Wochenschrift
IS - 38
ER -