Die effektive Unterdrückung inadäquater Handlungen ist eine wichtige, exekutive Leistung, die von frontalen und parietalen Hirnarealen vermittelt wird. Vor allem der rechte Gyrus frontalis inferior (IFG) und das rostrale supplementär-motorische Areal (prä-SMA) scheinen hier eine zentrale Rolle zu spielen. Unter Verwendung eines „perturb-and-measure“-Ansatzes soll die kausale Beteiligung des rechten IFG und der prä-SMA an der willkürlichen Hemmung inadäquater Handlungen charakterisiert werden. Mit einer 1Hz repetitiven, transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) soll bei 20 gesunden Personen eine passagere funktionelle Läsion des rechten IFG oder des prä-SMA induziert werden („Perturb“). Anschließend werden die Probanden während der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) eine neuartige „Go/NoGo“-Aufgabe durchführen, die neben einer „Go“ und „NoGo“ auch eine „Alternative Go“ Bedingung enthält, bei der die geplante motorische Antwort nicht nur unterdrückt, sondern auch durch eine alternative Handlung ersetzt werden muss. Die ereignisbezogene fMRT während der Aufgabenausführung wird es erlauben, die Auswirkungen der rTMS auf die funktionelle zerebrale Aktivierung im Vergleich zu einer Kontroll-rTMS zu erfassen („Measure“). Es soll die Hypothese geprüft werden, dass die Perturbation des rechten IFG oder der prä-SMA zu einer verstärkten, kompensatorischen Wichtung des nicht-stimulierten Kortexareals (z. B. des prä-SMA nach rTMS des rechten IFG) führt. Dies wird sich in einer stärkeren funktionellen Konnektivität des nicht-stimulierten Kortexareals mit dem Nucleus subthalamicus und dem Putamen widerspiegeln. Je geringer dieses Kompensationsmuster ausgeprägt ist, desto mehr wird die Fähigkeit der Handlungsunterdrückung nach rTMS beeinträchtigt sein. Die Untersuchung wird das Zusammenwirken zwischen IFG und prä-SMA bei der Blockierung inadäquater Bewegungen beleuchten und das Wissen über die zerebralen Mechanismen willkürlicher Bewegungshemmung wesentlich erweitern.
Ein wichtiger Aspekt bei der Kontrolle von Willkürbewegungen ist die Unterdrückung von motorischen Handlungen, die entweder unangebracht oder sogar gefährlich sind. Dieses spielt eine besondere Rolle bei Routinehandlungen, da hier eine sehr gut gelernte und einstudierte Handlung oft schnell und effektiv unterdrückt werden muss. Von hoher Wichtigkeit ist in vielen Lebenssituationen neben der Unterdrückung von unangebrachten Handlungen aber auch die Einleitung von Handlungen, die in der jeweiligen Situation angebrachter als die routinemäßig durchgeführte Handlung ist. Zwei Hirnregionen sind besonders kritisch in diese kognitiven Kontroll prozesse involviert: das präsupplementärmotorische Areal (pra-SMA) und der rechte inferiore frontale Gyrus (IFG). Methodisch kam in dem beantragten Projekt ein kombinierter Ansatz zur Anwendung: Zunächst wurde die spezifische Funktion der prä-SMA bei gesunden Versuchspersonen mit Hilfe eines repetitiven TMS(Transkranielle Magnetstimulation)-Protokolls (rTMS) zeitlich begrenzt beeinträchtigt. Anschließend erfolgte die Messung der veränderten neuronalen Aktivitäts- und Konnektivitätsmuster mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT), während die Versuchspersonen eine Experimentalaufgabe durchführten, bei der einerseits Routinehandlungen mit der rechten Hand unterdrückt und andererseits alternative, nicht-routinemäßige Handlungen durchgeführt werden sollten. Wir konnten mit unseren Untersuchungen bestätigen, dass die erfolgreiche Unterdrückung von Handlungsimpulsen durch ein präfrontal-subkortikales Netzwerk vermittelt wird. Die rTMS des prä-SMA führte zu einer spezifischen Suppression der Aktivität im Bereich des linken Putamens. Es ließen sich auf Gruppenebene keine Hirnareale nachweisen, die nach rTMS der prä-SMA eine stärkere Aktivierung als Ausdruck einer kompensatorischen Reaktion aufwiesen, obwohl die rTMS auf Verhaltensebene keinen Einfluss auf die Unterdrückung von vorbereiteten Handlungstendenzen hatte. Da die Effizienz von Handlungshemmung jedoch individuell unterschiedlich ist, haben wir im nächsten Schritt eine Kovarianzanalyse durchgeführt, um nach verhaltensbezogenen neuronalen Korrelaten der Handlungshemmung zu fahnden. Bei Analyse der individuellen Verhaltensdaten zeigte sich, dass Versuchspersonen mit einer verminderten Aktivität des rechten (kontralateralen) Putamens nach rTMS Defizite in der Hemmung von geplanten Routinehandlungen aufwiesen. Umgekehrt gelang es denjenigen Versuchspersonen mit einer stabilen Aktivierung des rechten Putamens, einer Verschlechterung der Handlungshemmung entgegenzuwirken. Unsere Ergebnisse unterstützen frühere Arbeiten, in denen gezeigt wurde, dass die erfolgreiche Handlungshemmung wesentlich von der Funktionstüchtigkeit des rechten Putamens abhängt. In einem weiteren Ansatz wurde mit Hilfe einer Konnektivitätsanalyse gezeigt, dass auch die Verbindung von pra-SMA zum Nucleus subthalamicus eine Schlüsselrolle für die Implementierung von effizienter Handlungshemmung in das motorische System innehat. Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass der ultraschnelle hyperdirekte Hemmungsweg mit seinen monosynaptischen Verbindungen von kortikalen Arealen zum Nucleus subthalamicus falsche Antworttendenzen schnell und wirksam unterdrücken kann. Wie erwartet wurde bei Durchführung nicht-routinemäßiger Handlungen ein ausgedehntes prämotorisch-parieto-subkortikales Netzwerk aktiviert. Wir konnten nachweisen, dass der linke Gyrus supramarginalis (SMG) eine Schlüsselposition bei dem Wechsel von einer Routinehandlung auf eine Nicht-Routinehandlung einnimmt: Versuchspersonen mit einer verminderten Aktivierung des linken SMG nach rTMS wiesen eine erhöhte Fehlerrate bei Durchführung nicht-routinemäßiger Handlungen auf. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass der SMG eine entscheidende Rolle in der effektiven Suppression von routinemäßig geplanten, aber inadäquaten oder fehlerhaften motorischen Reaktionen einnimmt. Damit konnten frühere Arbeiten bestätigt und ergänzt werden, die dem SMG eine wichtige Rolle in der online-Kontrolle von Bewegungen einschließlich der raschen Aktualisierung von motorischen Programmen zugeschrieben haben. In der sich anschließenden Konnektivitätsanalyse gab es Hinweise dafür, dass die selektive Auswahl des gewünschten motorischen Programms im Bereich des Putamens stattfindet. Das beantragte Projekt konnte einen wesentlichen Beitrag zum aktuellen Verständnis der neurobiologischen Grundlagen menschlicher Handlungskontrolle leisten. Bei der erfolgreichen Unterdrückung von Handlungsimpulsen wurde die Rolle des kontralateralen Putamens hervorgehoben. Dem Gyrus supramarginalis kann hingegen eine wichtige Rolle in der online-Kontrolle von Bewegungen zugeschrieben werden.