Internetbasierte psychotherapie

Fritz Hohagen*

*Korrespondierende/r Autor/-in für diese Arbeit
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Abstract

Prof. Dr. Fritz Hohagen

Das Internet ist alltäglich geworden – mit all seinen auch negativen Folgen, wie z. B. dem pathologischen Internetgebrauch. Mithilfe des Internets kann man schnell und einfach Informationen einholen und miteinander kommunizieren. Somit sollte es auch für die Gestaltung psychotherapeutischer Kontakte nutzbar sein. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Sie reichen von im Netz frei zugänglichen und anonym anzuwendenden Selbsttests zur Alkohol- oder Depressionsgefährdung, über gruppentherapeutische Maßnahmen mittels Internet-Chat [1] bis zur Psychotherapie via E-Mail.

Seit den 90er-Jahren wurden für verschiedene Störungsbilder internetbasierte Therapieangebote entwickelt. Mittlerweile stehen differenzierte und evaluierte Programme vor allem aus dem Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie für den potenziellen Transfer in die Versorgung zur Verfügung. Die neuen Therapieansätze scheinen bei der Behandlung von Angststörungen ebenso wirksam zu sein wie bei der Behandlung von Depressionen leichten bis mittleren Schweregrades [2] [3].

Doch der Verbreitung dieser Ansätze stehen Hemmnisse gegenüber, denn die Fernbehandlung von Patienten nur mithilfe des Internets ist hierzulande außerhalb wissenschaftlicher Modellprojekte nicht gestattet. Anders z. B. in den Niederlanden, wo ein ausschließlich online durchgeführtes Programm zur Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen („Interapy”) von den Krankenkassen bezahlt wird [4]. Auch gibt es Vorbehalte auf Nutzer- und Anbieterseite, die besonders dann stark ausgeprägt sein dürften, wenn die therapeutische Beziehung als wirksames Agens betont wird. Studien konnten jedoch zeigen, dass es auch in internetbasierten Psychotherapien möglich ist, eine gute therapeutische Beziehung aufzubauen und dass die Qualität dieser Beziehung auch den Behandlungserfolg beeinflusst [5].

Psychotherapien via Internet stellen zumindest potenziell ein kosteneffektives Vorgehen dar, um einer größeren Anzahl von Patienten als bisher wirksame psychotherapeutische Behandlung zukommen zu lassen. Die relative Anonymität und Niedrigschwelligkeit dieses Settings mag besonders für solche Patienten attraktiv sein, die sich herkömmlichen Therapien z. B. aus Scham oder aus praktischen Gründen eher verweigern würden. Hierin liegt eine Chance, neuen Zielgruppen den Zugang zur Psychotherapie zu erschließen.

Internetbasierte Psychotherapien gefährden die traditionellen Formen etablierten psychotherapeutischen Arbeitens im Prinzip nicht und stellen keine Konkurrenz dar, sondern können das traditionelle Psychotherapie-Setting sinnvoll bereichern, bislang schwer zu erreichenden Patientengruppen Zugang zu Psychotherapie verschaffen und weniger schwer gestörten Patienten eine mögliche Alternative zum traditionellen Psychotherapie-Setting bieten. Internetbasierte Psychotherapien werden sich jedoch – unterstützt durch intensive Begleitforschung – ihren Stellenwert innerhalb der Psychotherapielandschaft erst noch erarbeiten müssen.

Die PPmP greift in diesem Heft diese wichtige Entwicklung in der psychosozialen Versorgung mit dem CME-Beitrag von Berger und Andersson zum Thema internetbasierte Psychotherapie auf. Die Autoren fassen in übersichtlicher Form den diesbezüglichen Stand des Wissens zusammen, stellen deren klinische Wirksamkeit und den Stand der Evaluationsforschung dar und diskutieren Vor- und Nachteile. Die PPmP wird die weiteren Fortschritte auf diesem Gebiet aufmerksam verfolgen.
Titel in ÜbersetzungInternet-based psychotherapy
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftPPmP Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie
Jahrgang59
Ausgabenummer3-4
Seiten (von - bis)158
Seitenumfang1
ISSN0937-2032
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 03.2009

Strategische Forschungsbereiche und Zentren

  • Forschungsschwerpunkt: Gehirn, Hormone, Verhalten - Center for Brain, Behavior and Metabolism (CBBM)

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