Abstract
Hintergrund: Fragebogen zur Selbstbeurteilung haben in Deutschland eine weite Verbreitung in verschiedenen Bereichen der Rehabilitation gefunden. Es ist allerdings unklar, inwieweit motivationale Faktoren die Gültigkeit der Angaben beeinträchtigen, inwieweit die Patienten durch die Erhebungsmethode überfordert sein könnten und unter welchen situationalen Bedingungen die Betroffenen die Fragebogen ausfüllen. Die vorliegende Untersuchung hatte zum Ziel, die in der Erhebungssituation vorliegenden situationalen, motivationalen und kognitiven Voraussetzungen der Befragten zu identifizieren und mögliche Einflüsse auf die Validität der Angaben im Fragebogen zu analysieren. Methodik: n = 105 stationäre Reha-Patienten wurden in der Aufnahmephase mittels eines Leitfadeninterviews befragt. Es handelte sich um eine konsekutive Stichprobe aller Aufnahmen in zwei schleswig-holsteinischen Rehabilitationskliniken, die einen routinemäßig eingeführten klinikspezifischen Fragebogen zur Rehabilitation vor Aufnahme ausgefüllt hatten. Die Auswertung stellt eine Deskription der Antworten auf der Basis inhaltsanalytisch gewonnener Kategorien aus dem Interviewmaterial dar. Zusätzlich wurden Beurteilungen durch die betreuenden Ärzte am Ende der Reha-Maßnahme vorgenommen. Ergebnisse: Die Teilnahmequote der Patientenbefragung lag bei 95,5 %. Von allen befragten Patienten haben 95 % ihren Fragebogen zu Hause bearbeitet, 69 % ohne Unterbrechungen. 57 % der Befragten haben den Fragebogen allein ohne Beteiligung anderer ausgefüllt, weitere 22 % zusammen mit dem (Ehe-)Partner. Das Ausmaß der Einflussnahme auf die Antworten hing von der Art der benötigten Unterstützung ab. Bei vielen Befragten stellte der Fragebogen ein offizielles Dokument dar, das entsprechend sorgfältig bearbeitet wurde. Von Seiten der betreuenden Ärzte wurde 96 % der Befragten bescheinigt, dass sie um ehrliche Aussagen zur eigenen Person bemüht waren. 95 % wurde eine angemessene Bereitschaft zur Selbstauskunft über persönliche Belange attestiert. Im Großen und Ganzen stimmte das Bild, das der Patient von seinem psychischen, körperlichen und funktionellen Zustand hat, in 76 % der Fälle mit dem Bild der Ärzte nach deren Einschätzung überein. Die Motivation insgesamt, an der Reha-Maßnahme teilzunehmen, wurde mit einer Ausnahme von den Ärzten positiv beurteilt. In Einzelfällen lagen deutliche Einschränkungen der notwendigen kognitiven Fähigkeiten zum Ausfüllen eines Fragebogens sowie der Lese-Rechtschreib-Kompetenzen vor, in vier Fällen ungenügende sprachliche Fähigkeiten. Diskussion und Schlussfolgerung: Das Gros der befragten Patienten wies angemessene motivationale und kognitive Voraussetzungen zur Beantwortung der Fragen auf. Patienten mit Problemen bei der Beantwortung von Fragen haben sich soziale Unterstützung geholt, deren Bedeutung noch unklar ist. Es ist im Einzelfall nicht auszuschließen, dass die Angaben von Patienten mit Rentenwunsch verzerrt sind.
Titel in Übersetzung | Validity of patient self report data in rehabilitation research: Identifying circumstances of the patients' completion of questionnaires |
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Originalsprache | Deutsch |
Zeitschrift | Rehabilitation |
Jahrgang | 45 |
Ausgabenummer | 2 |
Seiten (von - bis) | 118-127 |
Seitenumfang | 10 |
ISSN | 0034-3536 |
DOIs | |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 04.2006 |