Churg-strauss-syndrom unter behandlung mit leukotrien-rezeptor-antagonisten: Demaskierung durch glukokortikoidreduktion oder nebenwirkung?

Bernhard Hellmich, Wolfgang L. Gross

7 Zitate (Scopus)

Abstract

Als Churg-Strauss-Syndrom (CSS) wird die Assoziation eines Asthma bronchiale mit einer nekrotisierenden Vaskulitis kleiner und mittelgroßer Gefäße sowie einer Blut- und/oder Gewebs-Eosinophilie bezeichnet [1]. Das zu den systemischen Kleingefäßvaskulitiden zählende CSS ist eine sehr seltene Erkrankung, die jedoch bei Patienten mit einem vorbestehenden Asthma bronchiale mit 64 Fällen pro 1 Mio Patienten pro Jahr deutlich häufiger auftritt [2].

In diesem Heft berichten Reissig et al. über den Einsatz von Interferon-α bei zwei Patienten mit einem CSS [3]. Bei einem dieser beiden Patienten wurde die Therapie mit Interferon-α eingeleitet, da aufgrund einer rezidivierenden Aktivität des CSS eine Absenkung der Glukokortikoiddosis unter die Cushing-Schwellendosis nicht möglich war. Dieser Patient wurde aufgrund des Asthma bronchiale zudem mit dem Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten Montelukast behandelt.

Eine Vielzahl in jüngster Zeit publizierter Fallberichte deutet auf ein gehäuftes Auftreten eines CSS unter Therapie eines Asthma bronchiale mit Montelukast oder Zafirlukast hin [4, 5]. Bei einem Teil der Patienten trat das CSS in Erscheinung, nachdem zuvor eine zuvor bestehende Glukokortikoidtherapie aufgrund der günstigen Wirkung von Montelukast auf das Asthma beendet oder reduziert werden konnte [4, 5]. Es ist daher die Hypothese aufgestellt worden, dass ein zuvor bestehendes CSS durch die Reduktion der Glukokortikoide demaskiert worden sein könnte, so dass in diesem Fall ein unerwünschter Effekt der effektiven Asthmatherapie und keine durch die Substanz direkt ausgelöste Nebenwirkung vorläge [5]. Für die Hypothese einer Demaskierung eines „latenten” CSS sprechen einzelnen Fälle, die nach Absetzen von systemischen zugunsten von inhalativen Glukokortikoiden oder β-Mimetika bei Asthma bronchiale beobachtet wurden [4, 5]. Die unterschiedliche chemische Struktur der einzelnen Substanzen macht eine pharmakologisch vermittelte Reaktion mit gemeinsamem Wirkmechanismus eher unwahrscheinlich [4] [5] . Gegen die Hypothese eines „Steroidentzugssyndroms” als Ursache des CSS spricht jedoch, dass bei einer Reihe von Fällen ein CSS bei Montelukast-behandelten Patienten auch dann entstand, wenn die Patienten nicht mit systemischen Glukokortikoiden behandelt wurden [4]. Andere Autoren vermuten, dass die zur Verordnung von Montelukast führende Verschlechterung des Asthma bronchiale als Initialsymptom eines beginnenden CSS gewertet werden könnte [5]. Ein kasuistisch berichteter Abfall der Eosinophilenzahl nach Beendigung einer Montelukast-Therapie spricht hingegen eher für eine direkte Wirkung des Medikaments.

Fazit

Es bleibt derzeit noch unklar, ob die Assoziation des CSS mit einer Anwendung von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten kausal ist oder nicht, zumal die Pathogenese des CSS in den zentralen Aspekten unklar ist [6]. Die zuletzt steigende Zahl publizierter Fälle spricht jedoch dafür, dass die Zahl neu aufgetretener Fälle eines CSS in Assoziation mit einer Anwendung von Leukotrienrezeptorantagonisten eher höher ist als vermutet, zumal die Problematik noch neu ist und von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle ausgegangen werden muss. Bei ungewöhnlichen Symptomen bei einem Einsatz dieser in der Therapie des Asthma bronchiale wertvollen Substanzen in der täglichen Praxis sollte daher an diese Problematik gedacht werden. Eine Gabe von Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten zur Therapie von Symptomen des Asthma bronchiale bei Patienten mit bereits bestehendem CSS scheint in Anbetracht der derzeit unklaren Datenlage wenig ratsam.
Titel in ÜbersetzungChurg-strauss syndrome following treatment with leukotriene receptor antagonists: Demasking by steroid taper or side effect?
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftDeutsche Medizinische Wochenschrift
Jahrgang128
Ausgabenummer27
Seiten (von - bis)1469
Seitenumfang1
ISSN0012-0472
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 04.07.2003

Strategische Forschungsbereiche und Zentren

  • Forschungsschwerpunkt: Infektion und Entzündung - Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung Lübeck (ZIEL)

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