Behandlung von Depressionen mit Schlafentzug und Schlafphasenvorverlagerung

D. Riemann, J. Vollmann, F. Hohagen, H. Lohner, Almuth König, C. Faller, N. Edali, M. Berger

12 Zitate (Scopus)

Abstract

Etwa zwei Drittel aller Patienten mit einer Major-Depression (MDD) sprechen auf eine Behandlung mit Schlafentzug an. Der Effekt des Schlafentzugs ist jedoch in der Regel nur kurzfristig und wird meist durch den darauffolgenden Nachtschlaf aufgehoben. In einer Pilotstudie konnten wir zeigen, daß eine konsekutive Schlafphasenvorverlagerung nach Schlafentzug bei der Hälfte der Patienten, die auf den Schlafentzug angesprochen hatten, den Schlafentzugseffekt stabilisiert. In dieser ersten Studie waren die meisten der Patienten jedoch simultan mit Antidepressiva während der chronobiologischen Manipulation behandelt worden, so daß ein synergistischer Effekt zwischen der Schlaf-Wach-Manipülation und der Antidepressivabehandldung nicht ausgeschlossen werden konnte. In einer weiteren Studie wurden deshalb 27 Patienten mit demselben experimentellen Procedere untersucht, wobei jedoch 16 Patienten während der Untersuchung medikamentenfrei waren. Zwei Drittel der Patienten konnten durch die Schlafphasenvorverlagerung nach erfolgreichem Schlafentzug stimmungsmäßig stabilisiert werden, und der therapeutische Effekt der Schlafphasenvorverlagerung erwies sich als unabhängig von einer simultanen antidepressiven Behandlung. Zehn Patienten in dieser Untersuchung wurden polysomnographisch vor und während der Behandlung im Schlaflabor untersucht. Die Datenauswertung zeigte, daß es während der Vorverlagerung der Schlafphase nicht zu einem prolongierten partiellen Schlafentzug kam. Gegen Ende der Studie nahm der REM-Schlafanteil sogar zu, und die REM-Latenz war bei einigen Patienten trotz deutlicher klinischer Besserung noch sehr kurz. Diese Ergebnisse sprechen gegen die Annahme, daß die REM-Schlafsuppression eine notwendige Vorbedingung für antidepressive Therapie ist.

Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese einer ,,kritischen Phase" in den Morgenstunden, während der Schlaf depressive Stimmung verstärken kann und vice versa, die Verhinderung von Schlaf während dieser Zeit antidepressiv wirksam ist.
Titel in ÜbersetzungTreatment of Depressions by Sleep Deprivation and Advance of the Sleep Phase
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftFortschritte der Neurologie Psychiatrie
Jahrgang63
Ausgabenummer7
Seiten (von - bis)270-276
Seitenumfang7
ISSN0720-4299
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 07.1995

Strategische Forschungsbereiche und Zentren

  • Forschungsschwerpunkt: Gehirn, Hormone, Verhalten - Center for Brain, Behavior and Metabolism (CBBM)

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