In der Deutschen ICSI follow-up I Studie konnte erstmalig mit einer ausreichenden Validität ein erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen bei Schwangerschaften nach einer ICSI Behandlung (intrazytoplasmatischer Spermieninjektion) im Vergleich zu spontan konzipierten Schwangerschaften beschrieben werden. In der ICSI follow-up II Studie wurden die nach einer ICSI Behandlung reif geborenen Einlinge in einem Alter von 4 bis 6 Jahren hinsichtlich ihrer intellektuellen und körperlichen Entwicklung im Vergleich zu spontan konzipierten Kindern untersucht und keine Unterschiede identifiziert werden. Es wird diskutiert, ob mit zunehmendem Alter der Kinder auch metabolische und hormonelle Aspekte von Bedeutung sein könnten. Deshalb soll in der ICSI follow-up III Studie die endokrine und metabolische Gesundheit, Wachstum und Pubertätsentwicklung dieser Kinder, die jetzt in einem Alter von 14 bis 16 Jahren sind, im Vergleich mit einer Kohorte von spontan konzipierten Kindern sowie die metabolische Gesundheit der Mütter untersucht werden. Weitere Fragestellungen betreffen, wie bereits in den vorausgegangenen ICSI follow-up-Studien I und II, die allgemeine körperliche Entwicklung, das Vorliegen von Krankheiten, durchgeführten Operationen und Krankenhausaufenthalte sowie die psychoemotionale Situation der Familie im Hinblick auf die Eltern-Kind-Beziehung, eine erfolgte Aufklärung über den Konzeptionsmodus der Kinder sowie den Schulerfolg und die Beziehungen zu Gleichaltrigen. Für diese Fragestellung werden zum Vergleich auch Familien angeschrieben, in denen nach einer ICSI-Behandlung der Mutter Mehrlinge geboren wurden. Bei der geplanten prospektiv-kontrollierten Kohortenstudie sollen Mütter und ihre Kinder aus der ICSI-Gruppe, aus der Kontrollgruppe der spontan konzipierten Kinder und die Familien mit Mehrlingen jeweils einen Fragebogen ausfüllen (online oder als Papierdokument). Die körperliche Untersuchung des Kindes und eine Blutentnahme zur Bestimmung metabolischer und endokriner Faktoren bei den Kindern und der Mutter sollen bei einer Subgruppe erfolgen, und zwar nur bei den Familien mit Einlingen und den Familien mit spontan konzipierten Kindern, da die Auswertung gematcht für das Geschlecht, der Position in der Geschwisterreihung, das Alter der Mutter und dem Sozialstatus erfolgt und die Fallzahl der Familien mit Mehrlingen dafür zu gering ist. Die Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, die Datenlage über Langzeitfolgen einer künstlichen Befruchtung zu verbessern. Dies kann die Aufklärung betroffener Eltern verbessern sowie Eingang in die Aufklärungspraxis der Kinder finden, sowohl hinsichtlich ihrer eigenen Gesundheit, als auch hinsichtlich ihrer reproduktiven Zukunft.
Das Deutsche IVF Register gibt die Anzahl der in Deutschland nach ART geborenen Menschen mit über 250 000 an. Es wird geschätzt, dass weltweit mehr als acht Millionen Kinder nach ART entstanden sind. Seit der Durchführung von ART werden mögliche Auswirkungen des Vorgangs auf die embryonale und postpartale Entwicklung der Kinder diskutiert. Dabei bleibt fraglich, ob die Methode an sich, und damit epigenetische Faktoren, eine bestehende Subfertilität der Eltern oder genetische Dispositionen für mögliche gesundheitliche Risiken der Kinder verantwortlich sind. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang insbesondere ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen. Im Fokus stehen zudem die endokrinologische, psychische, emotionale, soziale und allgemeine körperliche Entwicklung der Kinder. In der ICSI Studie follow-up III wurden Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, die als Einlinge nach einer ICSI-Behandlung geboren wurden, ärztlich untersucht (n = 275). Im Rahmen der Untersuchung erfolgte auch eine Blutentnahme zur Bestimmung des metabolischen und endokrinen Profils. Auch die Mütter der Jugendlichen unterzogen sich einer Blutentnahme sowie einer Blutdruckmessung. Eine altersentsprechende Kontrollgruppe, bestehend aus Jugendlichen (n = 275) und ihren Müttern, unterzog sich der gleichen Prozedur. In einem weiteren Schritt beantworten alle Studienteilnehmer einen Fragebogen. Es gab einen Fragebogen für Jugendliche und einen Fragebogen für Eltern. Die Beantwortung des Fragebogens erfolgte auch durch die ICSI-Mehrlinge der Studienkohorte und ihre Eltern sowie durch Einlinge, die nicht an der ärztlichen Untersuchung teilnehmen wollten. Die Beantwortung des Fragebogens erlaubt eine Einschätzung der psychischen, körperlichen, emotionalen und sozialen Situation der Studienpopulation. Der Fragebogen beinhaltete außerdem zwei standardisierte Erhebungsinstrumente, den „Strength and Difficulties Questionnaire (SDQ)“ zur Evaluation der psychischen und emotionalen Situation und den KINDL zur Beurteilung der Lebensqualität und des familiären Zusammenlebens. Nach einer sehr aufwändigen Datenerhebung konnte erst kürzlich mit den Auswertungen der Daten begonnen werden. Erste Auswertungen der Studiendaten zeigen, dass der Taillenumfang und das Gewicht der männlichen ICSI-Nachkommen etwas höher war als bei den männlichen Jugendlichen aus der Kontrollgruppe. AP, GPT / ALAT und die Triglyceride waren bei den Müttern der weiblichen ICSI-Nachkommen höher als bei den Kontrollmüttern. Dieses Ergebnis zeigte sich auch bei den weiblichen ICSI-Nachkommen im Vergleich zur Kontrollgruppe. In Bezug auf den hormonellen Status zeigte sich, dass die weiblichen und männlichen ICSI-Nachkommen niedrigere Östrogenwerte hatten als die Jugendlichen aus der Kontrollgruppe. Weibliche ICSI-Nachkommen hatten niedrigere IGWFBP 3 Werte als die weiblichen Jugendlichen aus der Kontrollgruppe. Männliche ICSI-Nachkommen hatten durchschnittlich niedrigere Inhibin B Werte sowie niedrigere SHGB Werte als die männlichen Jugendlichen aus der Kontrollgruppe. Diese Ergebnisse können zum jetzigen Zeitpunkt nur als vorläufige Tendenzen interpretiert werden. Es zeigt sich aber, dass die kindlichen Daten von mütterlichen (elterlichen) Daten beeinflusst sind. Daher wird die Berücksichtigung dieser Daten in multivariaten Modellen von größter Bedeutung sein. Möglicherweise sind bisher beobachtete Unterschiede zwischen ICSI und Kontrollkindern auch durch elterliche Faktoren beeinflusst und weniger durch das ICSI-Verfahren selbst. Detaillierte Analysen mit Adjustierungen für diverse Coufounder laufen. Erste Publikationen sollen noch dieses Jahr (2018) eingereicht werden.