Neuroinflammatorische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose (MS) sind oft unheilbar. Die Behandlungsmöglichkeiten sind limitiert und Gentherapie könnte eine neue Option sein. Allerdings fehlen bisher wie bei fast allen Gentherapieansätzen Vektoren mit ausreichender Spezifität und Effektivität der Transduktion für das Zielgewebe. Merkmale der Neuroinflammation sind der Verlust der Blut-Hirnschranken-(BHS) Tight junction (TJ)-Integrität, die ZNS-Infiltration durch Immunzellen und die konsekutive Entstehung perivaskulärer Läsionen. Das macht die Mikrovaskulatur des Zentralnervensystems (ZNS) zur hochrelevanten therapeutischen Zielstruktur. Basierend auf einem innovativen Ansatz zur Selektion zielgerichteter adeno-assoziiert viraler (AAV) Vektoren aus Peptidbanken isolierten wir in Vorarbeiten einen neuen AAV-Vektor, der nach intravenöser Applikation mit präzedenzloser Effektivität und Spezifität die Gehirnendothelien transduziert (BR1-AAV-Vektor). In dem beantragten Projekt werden wir BR1-AAV charakterisieren und in einer optimierenden Sekundär-Peptidbank-Selektion weiter verbessern. Anschließend werden wir dieses ZNS-endothelgerichtete Vektorsystem für die Behandlung des murinen MS-Modells Experimentelle Autoimmun-Enzephalomyelitis evaluieren. Um dies zu unterbrechen, werden wir BR1-AAV-Vektoren einsetzen, 1.) zur zerebrovaskulären Expression von CCL2 7ND, einer dominant-negativen Variante des Chemokins CCL2, einem wichtigen Faktor in der Neuroinflammation; 2.) zum knock-down des CCL2-Rezeptors CCR2 in ZNS-Endothelien und damit Prävention der TJ-Undichtigkeit sowie der CCL2-Sekretion vom ZNS ins Blut; 3.) zur Stabilisierung der BHS durch Überexpression des TJ-Proteins Claudin-1. Diese Arbeit könnte BR1-AAV-Vektoren als innovative Möglichkeit zur Exploration und Therapie neuroinflammatorischer und potentiell sogar weiterer mit dem ZNS-Gefäßsystem zusammenhängender Erkrankungen etablieren.
Eine Gentherapie von Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) wird dadurch erschwert, dass systemisch verabreichte Genvektoren meist nicht durch die Bluthirnschranke dringen. Alternativ könnten Vektoren direkt in das ZNS injiziert werden, wodurch allerdings Komplikationen, wie intrazerebrale Blutungen, entstehen könnten. Ein neuartiger nicht-invasiver Ansatz könnte darin bestehen, die Bluthirnschranke als eigentliches Ziel der Gentherapie zu nutzen. Eine solche gentherapeutische Strategie wurde realisierbar, nachdem in Vorarbeiten ein mutiertes Kapsid des adeno-assoziierten Virus (AAV) gefunden worden war, das AAV-Vektoren nach intravenöser Injektion in Gehirnendothelzellen dirigiert. Wir wollten in diesem Projekt den Nutzen des neuen gehirnendothel-selektiven Vektors AAV-BR1 testen. Erste Versuche, eine inflammatorische Reaktion im ZNS von Mäusen mit AAV-BR1-basierten Vektoren zu mindern oder die Bluthirnschranke abzudichten, misslangen, möglicherweise weil die komplexe Pathophysiologie bei neuro-inflammatorischen Erkrankungen nicht ohne weiteres auf ein einzelnes Gen zu reduzieren ist. Wir wandten uns deshalb einer monogenetischen Erkrankung der Bluthirnschranke zu, der Incontinentia pigmenti. Durch inaktivierende Mutationen des Nemo-Gens kommt es bei Incontinentia pigmenti zu einem Untergang von Gehirnendothelzellen und zu einer Störung der Bluthirnschranke. Wenn wir das fehlende Gen durch einen AAV-BR1-Vektor ersetzten, konnten wir den Gefäßuntergang verhindern. Auf diese Weise wurde auch eine Störung der Bluthirnschranke vermieden. Interessanterweise führte die Therapie zu einer deutlichen Reduktion der epileptischen Anfälle. Zusammenfassend gelang in der Studie der Nachweis, dass eine gezielte Transduktion von Gehirnendothelzellen ein möglicher Therapieansatz für neurologische Erkrankungen sein kann, zumindest dann, wenn die Pathologie vorwiegend die Gefäße betrifft.
Status | abgeschlossen |
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Tatsächlicher Beginn/ -es Ende | 01.08.14 → 31.07.17 |
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2015 einigten sich UN-Mitgliedstaaten auf 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zur Beendigung der Armut, zum Schutz des Planeten und zur Förderung des allgemeinen Wohlstands. Die Arbeit dieses Projekts leistet einen Beitrag zu folgendem(n) SDG(s):