Auswirkung einer Langzeitsedierung mittels Sevofluran auf Lunge, Nieren und Gerinnungssystem in einem in-vivo-Model von pulmonal induzierter systemischer Entzündung

Projekt: DFG-ProjekteDFG Einzelförderungen

Projektdaten

Projektbeschreibung

Konzepte der Analgosedierung sind derzeit Inhalt aktiver Diskussion und aufgrund der verschiedenen einzelnen Therapieziele (Analgesie, Sedierung, Anxiolyse) sehr komplex. In diesem Kontext haben im Anästhesiealltag die modernen Inhalationsanästhetika durchaus Vorteile hinsichtlich der guten Steuerbarkeit, geringeren Metabolisierung und möglicher organprotektiver Eigenschaften im Vergleich zu den intravenösen Substanzen gezeigt. Die Anwendung volatiler Anästhetika zur Sedierung auf Intensivstationen stellt derzeit eine noch wenig untersuchte Alternative zu den etablierten leitliniengerechten Sedierungskonzepten dar. Nahezu alle Untersuchungen haben sich bis dato mit der perioperativen Phase beschäftigt. Durch die technischen Neuerungen und einem veränderten Anforderungsprofil an die Analgosedierung in der Intensivmedizin ist es von enormer Bedeutung die mögliche Organprotektion, Immunmodulation und Sicherheit einer Langzeitanwendung von Sevofluran zu untersuchen. Hierzu sollen in einem 96-stündigen Tierversuch an pathogen-freien, männlichen Wistar Ratten nach pulmonaler Induktion einer systemischen Infektionssituation die Auswirkungen einer Langzeitsedierung mittels Sevofluran auf die pulmonale Inflammationsreaktion, die renale Situation und Gerinnung bzw. Thrombozytenfunktion unter maschineller Ventilation untersucht werden. Dies soll in Bezug auf die Lunge und Niere durch Histologie sowie laborchemische und molekulare Marker bestimmt werden. Die Blutgerinnung bzw. thrombozytäre Funktion soll durch Bestimmung von Oberflächenrezeptoren sowie klinischen Tests verifiziert werden. Mit Hilfe dieses Versuches sollen erstmalig die Auswirkungen einer Langzeitsedierung mit Sevofluran in-vivo untersucht werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen das Verständnis für die generellen modulatorischen Effekte und im Rahmen einer Sepsis auf Lunge, Niere und Blutgerinnung manifestieren sowie eine Übertragung in das klinische Setting bzw. die klinische Forschung möglich machen.

Ergebnisbericht

In diesem Forschungsprojekt war es Ziel, den Einfluss der mittlerweile in Mitteleuropa nahezu ubiquitär angewendeten volatilen Langzeitsedierung auf die pulmonale Inflammation zu untersuchen. In der Intensivmedizin stellen ARDS und VAP große Herausforderungen dar. Aus perioperativen Untersuchungen ist die inflammationsreduzierende Wirkung volatiler Anästhetika bekannt, aber speziell im Kontext der Intensivmedizin mit den o.g. Krankheitsbildern und der Problematik einer Langzeitbeatmung gibt es bis dato keinerlei Kenntnis über die Wirkung volatiler Anästhetika auf die pulmonale Inflammation. Im ersten Schritt der Untersuchung konnte in einem in-vitro-Modell an Typ II-Alvolarepithelzellen gezeigt werde, dass es durch eine Co-Inkubation von LPS- stimulierten Zellen mit 0,5 MAC Sevofluran bzw. 0,5 MAC Desfluran für die Dauer von 72 Stunden zu einer signifikanten Reduktion der Inflammationsantwort im Vergleich zur Kontrollgruppe (5% CO2 in Air) kommt. Eine signifikante Beeinflussung der Viabilität oder Zytotoxizität war hierbei nicht nachzuweisen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde dies in einem in-vivo-Modell an männlichen Wistar-Ratten überprüft. Hierbei war eine Sedierungsdauer von 72 Stunden nicht realisierbar, so dass das Setting auf 24 Stunden reduziert werden musste. Nach entsprechender Validierung und Standardisierung (Katecholamintherapie, Beatmungs- und Volumenregime) erhielten die Tiere randomisiert Sevofluran oder Propofol zur Sedierung und LPS oder PBS pulmonal appliziert. Die Sedierungsdauer betrug folglich 6, 12, 18 oder 24 Stunden. Neben 3-stündlichen Blutgasanalysen wurden nach Euthanasie und Probengewinnung pulmonale und systemische Inflammation, alveoläre Integrität (Wet-to-dry Ratio, Oxygenationsindex, Lungenpermeabilität), Beeinflussung der Funktion Neutrophiler Granulozyten (MPO-Aktivität, Transmigration- und Adhärenzassay) und renale Funktion untersucht. Die bis dato ausgewerteten Daten zeigen einen signifikant besseren Oxygenationsindex nach bereits 9 Stunden in der Gruppe der Sevofluran sedierten Tiere mit ALI. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Zellzahl nach 18 Stunden in der BALF signifikant niedriger in der Sevofluran-Gruppe im Vergleich mit den Propofol sedierten Tieren war. Auch in punkto Inflammationsparametern war sowohl im Blut (CINC-1 und MCP-1), als auch in der BALF (CINC-1 und IL-6) ein signifikanter Benefit zu Gunsten der Sevofluran sedierten Tiere mit ALI erkennbar. Das anti-inflammatorsiche Zytokin IL-10 war in Blut und BALF unter der Nachweisgrenze. Bezüglich der renalen Funktionsparameter NGAL, Kreatinin und Harnstoff zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Sedierungsregimen. Zusammenfassend mit den Ergebnissen klinischer Untersuchungen zeigen unsere Ergebnisse, dass die volatile Langzeitsedierung mit Sevofluran eine praktikable und sichere Sedationsmethode in der Intensivmedizin darstellt. Weiterhin zeigen die durchgeführten in-vitro und in-vivo Versuche, dass es auf pulmonaler Ebene einen deutlichen Benefit zu Gunsten der volatilen Sedierung im experimentellen Bild des ARDS gibt, was diese zu einer weiteren möglichen Therapieoption machen könnte. Allerdings bleiben die molekularen Mechanismen dieser Effekte bisher unklar und sollten Gegenstand weiterer Untersuchungen bilden.

Statusabgeschlossen
Tatsächlicher Beginn/ -es Ende01.01.1231.12.14

UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung

2015 einigten sich UN-Mitgliedstaaten auf 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zur Beendigung der Armut, zum Schutz des Planeten und zur Förderung des allgemeinen Wohlstands. Die Arbeit dieses Projekts leistet einen Beitrag zu folgendem(n) SDG(s):

  • SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen

DFG-Fachsystematik

  • 2.22-11 Anästhesiologie
  • 2.21-05 Immunologie

Fingerprint

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