Renate-Maaß-Forschungspreis 2018

Auszeichnung: Preise der Universität zu Lübeck

Allg. Beschreibung

Dr. phil. Sarah Jessen wurde für ihre Arbeit „Multisensorische neuronale Verarbeitung in sozialer Interaktion“ mit dem Renate-Maaß-Forschungspreis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Prof. Dr. med. Thomas Münte, Direktor der Klinik für Neurologie.

Dr. Jessen ist promovierte Kognitions- und Neurowissenschaftlerin. Sie erforscht, wie unser Gehirn von Beginn unseres Lebens an erstaunlich erfolgreich unser soziales Zusammenleben managt. Was können zum Beispiel Säuglinge über andere Menschen verstehen, obwohl sie noch gar nicht sprechen können? Welche Rolle spielen dabei unterschiedliche Informationsquellen wie Körpersprache, Stimme, Gesichtsausdrücke, aber auch Geruch? Und wie werden diese Informationen im Gehirn zusammengebracht?

Diesen Fragen geht Dr. Jessen vor allen Dingen mit Hilfe der Elektroenzephalographie (EEG) nach, einer Methode, bei der mit kleinen, in einer Art Haube eingebauten Sensoren winzige Schwankungen in der elektrischen Hirnaktivität an der Kopfoberfläche gemessen werden können. Diese Methode ist für die Säuglingsforschung besonders gut geeignet, da das Kind von der Messung nichts spürt und sich ganz normal verhalten kann. Den Kindern werden zum Beispiel am Bildschirm unterschiedliche Gesichter gezeigt. Über die aufgezeichnete Aktivität lassen sich Rückschlüsse darüber ziehen, welche Hirnbereiche auf welche Gesichter besonders stark reagiert haben und wie schnell eine Reaktion im Gehirn erfolgte.

So konnte Dr. Jessen zusammen mit ihren Kollegen zeigen, dass das Gehirn von sieben Monate alten Säuglingen zwischen ängstlichen und fröhlichen Gesichtern oder auch nur Augenpaaren unterscheiden kann, selbst wenn diese nur für 50 Millisekunden, also den Bruchteil einer Sekunde, gezeigt wurden. Eine besonders schnelle Reaktion auf potentielle Warnsignale, wie z.B. ängstliche Gesichter, entwickelt sich also schon sehr früh im Leben. Gleichzeitig scheint sie aber nicht angeboren zu sein, da bei einer Messung mit fünf Monate alten Kindern keine verstärkte Reaktion beobachten konnte.

In ihrem momentanen Forschungsprojekt geht Dr. Jessen der Frage nach, welche Rolle der mütterliche Geruch für die soziale Wahrnehmung und Entwicklung im ersten Lebensjahr spielt. Ein nächster Schritt ist die Anwendung dieser Erkenntnisse auf Situationen, in denen die soziale Interaktion im Säuglingsalter von besonderen Herausforderungen geprägt ist. Was läuft bei Säuglingen, die ein erhöhtes Risiko haben eine Entwicklungsstörung aus dem Autismusspektrum zu entwickeln, zum Beispiel anders? Welchen Einfluss kann es auf die soziale Hirnentwicklung von Säuglingen haben, wenn ein Elternteil unter einer psychischen Erkrankung leidet?

Die Förderungen der Renate-Maaß-Stiftung sind der Würdigung der Lübecker Hirnforschung und ihrer Wissenschaftler*innen gewidmet. Die Universität zu Lübeck zeichnet durch die Zustiftung jährlich eine/n Preisträger*in mit dem Renate-Maaß-Forschungspreis aus. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
BekanntheitsgradLokal
Förderer/MittelgeberRenate-Maaß-Stiftung Lübeck

Verliehen bei Veranstaltung

EreignistitelVerleihung der Universitätspreise 2018
OrtRathaus der Hansestadt Lübeck, Lübeck, DeutschlandAuf Karte anzeigen
Zeitraum14.11.2018

Strategische Forschungsbereiche und Zentren

  • Forschungsschwerpunkt: Gehirn, Hormone, Verhalten - Center for Brain, Behavior and Metabolism (CBBM)

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